Abrede in der Teilungserklärung nicht per Beschluss änderbar
Die Nutzung eines im Sondereigentum stehenden Tiefgaragenplatzes als Fahrradabstellplatz kann nicht per Mehrheitsbeschluss bestimmt werden, wenn eine abweichende Nutzung in der Teilungserklärung vereinbart wurde. (LG Hamburg, Urteil vom 17. Juni 2015, Az. 318 S 167/14)
DER FALL
Die Wohnungseigentümergemeinschaft beschloss in der Eigentümerversammlung mit Mehrheit, dass zwei Fahrradständer eines Eigentümers auf seinem Tiefgaragenplatz für zwei Elektrofahrräder zulässig sind. Sie wurden an dem Boden des Tiefgaragenplatzes befestigt. Ein Eigentümer hat den Beschluss angefochten, weil er meinte, die Nutzung des Tiefgaragen- als Fahrradabstellplatz widerspreche der Teilungserklärung und der Hausordnung. Es gebe eigene Fahrradabstellräume, die ohne Beeinträchtigung zugänglich seien. Die Befestigung am Garagenboden greife zudem in das Gemeinschaftseigentum ein. Die Gegenpartei ist der Meinung, der Tiefgaragenplatz sei Sondereigentum und hinsichtlich dessen sei weder in der Hausordnung noch in der Teilungserklärung eine Zweckbestimmung enthalten. Dort getroffene Zweckbestimmungen betreffen ausschließlich das Gemeinschaftseigentum. Hinsichtlich der Sondereigentumsflächen sei nicht geregelt, dass Fahrräder nicht abgestellt werden dürften.
DIE FOLGEN
Das LG hält die Beschlüsse für ungültig, denn die Gebrauchsregelungen in der Teilungserklärung seien als Vereinbarung zu werten. Von einer Vereinbarung zwischen den Wohnungseigentümern kann nicht per Mehrheitsbeschluss abgewichen werden. Die Tiefgaragenflächen seien in der Teilungserklärung als solche bezeichnet und das jeweilige Sondereigentum werde auch als Tiefgaragenstellplatz bezeichnet. Darunter ist ein Abstellplatz für Kfz zu verstehen. Diese Auslegung wird durch die Garagenverordnung und die Hamburger Bauordnung gestützt, die „Stellplätze“ als „Flächen, die für das Abstellen von Kfz dienen“, definiert bzw. zwischen „Stellplätzen für Kfz“ und „Fahrradplätzen“ unterscheidet. Die Teilungserklärung besagt, dass „Gemeinschaftsflächen (Abstellflächen für Kfz)“ nicht zu Lagerzwecken zweckentfremdet werden dürfen. Daraus ergibt sich, dass ein Tiefgaragenstellplatz originär für das Abstellen eines Kfz gedacht ist. Diese Zweckbestimmung erstreckt sich auf das Sondereigentum und ist von der Eigentümergemeinschaft vereinbart. Bei dem Befestigungsbügel für die Fahrräder ist zudem von einem baulichen Eingriff in das Gemeinschaftseigentum auszugehen, der nicht durch Mehrheitsbeschluss erlaubt werden kann.
WAS IST ZU TUN?
Möchte jemand sein Sondereigentum außerhalb der Zweckbestimmung der Teilungserklärung nutzen, muss er sich um eine einheitliche Vereinbarung mit allen Eigentümern bemühen. Dies scheitert häufig am Widerstand Einzelner. Da kann der Verwalter viel bewirken, wenn er frühzeitig mit den Eigentümern spricht, damit in der Versammlung alle informiert sind und eine Abstimmung stattfinden kann. Die Anpassung in die Jahre gekommener Wohnanlagen an heutige Bedürfnisse wird noch einige Schwierigkeiten aufwerfen, da einheitliche Vereinbarungen notwendig sind.
(Quelle: Immobilien Zeitung 30.6.2016, Ausgabe 26/2016)