Baugenehmigung muss Prognose zum Kfz-Lärm enthalten

05. Juli 2022

Ist anhand einer Baugenehmigung nicht prognostizierbar, ob der Lärm, der von Kfz-Stellplätzen ausgeht, für die Nachbarn zumutbar ist, ist die Baugenehmigung rechtswidrig.
(VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 4. April 2022, Az. 5 S 395/22)

Der Fall
Eine Gemeinde erteilte eine Baugenehmigung für den Neubau eines Apartment-Hotels. Hiergegen wendet sich die Sondereigentümerin und Bewohnerin einer angrenzenden Wohnung im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes. Der VGH Baden-Württemberg gibt dem Antrag statt und setzt die Vollziehbarkeit der Baugenehmigung aus, weil sie unbestimmt ist.

Die Folgen
Um das Bestimmtheitsgebot zu wahren, muss eine Baugenehmigung ausreichend detailliert sein. Dabei kommt es zwar auf den Einzelfall an, aber die Baugenehmigung muss klar erkennen lassen, was genau genehmigt wird und welchen Umfang das Bauvorhaben hat. Wegen einer Verletzung des Bestimmtheitsgebots kann ein Dritter allerdings nur dann vor den Verwaltungsgerichten um Rechtsschutz ersuchen, wenn sich die Unbestimmtheit auf ein drittschützendes Merkmal des Bauvorhabens bezieht. Dies ist beispielsweise bei einer schädlichen Umwelteinwirkung auf die Nachbarschaft der Fall, wenn die Nutzung von notwendigen Kfz-Stellplätzen mit Lärm verbunden ist. Zu den Geräuschimmissionen, die auf die Nachbarschaft einwirken, muss sich der Baugenehmigung eine für eine Immissionsprognose erforderliche Kenngröße des Bauvorhabens entnehmen lassen. Zudem ist das gestattete Ausmaß der Geräuschimmissionen durch Inhalts- oder Nebenbestimmungen festzulegen. Das Festlegen eines zielorientierten Immissionsrichtwerts in der Baugenehmigung genügt demgegenüber nur dann, wenn im Zeitpunkt der Erteilung der Baugenehmigung eine Schallimmissionsprognose vorliegt, wonach die Immissionen, die bei der Nutzung des Bauvorhabens entstehen, die für die Nachbarschaft maßgebliche Zumutbarkeitsgrenze nicht überschreiten. Eine solche Prognose lag im konkreten Fall nicht vor. Zudem waren die genehmigten Betriebszeiten und die Betriebsbeschreibung widersprüchlich. Dies führte zur Unbestimmtheit der Baugenehmigung und hatte zur Folge, dass das Apartment-Hotel insgesamt nicht errichtet werden konnte.

Was ist zu tun?
Der Beschluss ist unter anderem im Zusammenhang mit einer Entscheidung des VGH Hessen (Beschluss vom 16. Mai 2013, Az. 8 A 2893/12) zu sehen und auf alle Bundesländer übertragbar. Bauherren sollten im Rahmen des Genehmigungsverfahrens im Hinblick auf immissionsschutzrechtliche Gesichtspunkte auf eine Konsistenz zwischen Betriebsbeschreibung und geplanter Nutzung achten. Sie sollten außerdem in Betracht ziehen, auch bei nicht genehmigungsbedürftigen Anlagen eine Schallimmissionsprognose zu erstellen.

(Quelle: Immobilien Zeitung 30.6.2022, Ausgabe 26/2022)