Bei der Gewinnermittlung gilt auch ein falscher Entnahmewert

25. Mai 2021

Wird bei einem Grundstück, das vor dem Verkauf aus Betriebs- in Privatvermögen überführt wurde, der Veräußerungsgewinn ermittelt, ist der tatsächlich angesetzte Entnahmewert maßgeblich, auch wenn er fehlerhaft war. (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 8. Dezember 2020, Az. 3 K 1277/20 (nicht rechtskräftig))

DER FALL
Zwei Geschwister bekamen von ihrem Vater aus dessen landwirtschaftlichen Betriebsvermögen 2007 ein Grundstück geschenkt. 2016 verkauften sie das Grundstück für 570.000 Euro aus ihrem Privatvermögen. Sie erklärten einen Veräußerungsgewinn von 14.000 Euro, weil sie einen Entnahmewert ihres Vaters im Jahr 2007 in Höhe von 556.000 Euro als fiktive Anschaffungskosten gegenrechneten. Ihr Vater hatte die Schenkung aber nicht als Entnahme angegeben, sondern nur das Grundstück aus dem Betriebsvermögen ausgebucht.

DIE FOLGEN
Finanzamt und Finanzgericht ließen nur den ehemaligen Buchwert des Grundstücks im Betriebsvermögen des Vaters von 11.000 Euro als Anschaffungskosten zu. Der Verkaufsgewinn ist als privates Spekulationsgeschäft steuerpflichtig, das Grundstück war weniger als zehn Jahre im Privatvermögen der Kinder. Zuvor war es Betriebsvermögen, sodass als Anschaffungskosten für die Kinder der angesetzte Entnahmewert gilt, also der Teilwert (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG). Korrekt hätte der Vater die Entnahme durch Verschenken versteuern müssen, und zwar mit einer Bemessungsgrundlage in Höhe des Teilwerts von 556.000 Euro abzüglich des Buchwerts von 11.000 Euro. Die Kinder argumentierten, das Vorgehen des Finanzamts führe dazu, dass sie die Wertsteigerung zur Besitzzeit eines anderen Steuerpflichtigen und im Betriebsvermögen versteuern müssten. Zudem habe ihr Vater gar keinen Wert angesetzt, sodass der Teilwert als ihre Anschaffungskosten angesetzt werden müsse. Das FG hob auf § 23 EStG ab, wonach der tatsächlich angesetzte Teilwert die Bezugsgröße ist. Mit dieser Regelung will der Gesetzgeber Missbrauch vermeiden: Zu niedrig angesetzte Teilwerte führen nicht dazu, dass stille Reserven unversteuert bleiben. Das kann nicht dadurch unterlaufen werden, dass der Schenker gar keinen Entnahmewert ansetzt. Dann ist eben der letzte Buchwert maßgeblich. Revision zum BFH ist eingelegt (Az. IX R 3/21).

WAS IST ZU TUN?
Bei einer Schenkung aus dem Betriebsvermögen entstehen Einkommensteuern. Wird dafür der Entnahmewert nicht nur zu niedrig, sondern gar nicht angegeben, kann das später nicht die Argumentationsgrundlage verbessern. Eine Schenkung sollte durch den Steuerberater begleitet werden. Hier hätten die Beschenkten sich zum Beispiel verpflichten können, eine Steuer auszugleichen, die beim Schenker entsteht. Bei den heutigen Immobilienkrediten ist es erheblich günstiger, die Steuerschuld zu finanzieren, als eine zu 6% zu verzinsende nachträglich festgesetzte Steuer mitsamt den Beraterkosten für zwei Instanzen zu bezahlen.

(Quelle: Immobilien Zeitung 20.5.2021, Ausgabe 20/2021)