Bei Nachbarwiderspruch bleibt die Baugenehmigung länger gültig

23. April 2015

Öffentliches Recht. Die Geltungsdauer der Baugenehmigung ist gehemmt, wenn der Bauherr wegen eines Nachbarwiderspruchs nicht auf den Bestand der Baugenehmigung vertrauen kann oder wenn die Bauaufsichtsbehörde ihre Fortgeltung bestreitet.

OVG Hamburg, Beschluss vom 29. Oktober 2014, Az. 2 Bs 179/14, (Quelle: Immobilien Zeitung, Nr. 15, 16.04.2015, Seite 12)

DER FALL

Dem Bauherrn als Antragsteller wurde im Juli 2009 eine Baugenehmigung für die Errichtung einer Immobilie erteilt. Auf den Widerspruch einer Nachbarin hin hob die Bauaufsichtsbehörde als Antragsgegnerin die Baugenehmigung auf, wogegen der Antragsteller Klage beim VG Hamburg erhob. Die Behörde setzte die Genehmigungswirkung der Baugenehmigung nach § 212 a BauGB aus und ordnete zusätzlich die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Nachbarin an. Nach diversen Rechtsmitteln hob das VG den Widerspruchsbescheid der Behörde durch Urteil im Juli 2012 auf. Im Oktober 2013 bat der Bauherr die Behörde um eine Mitteilung, wann die Geltungsdauer seiner Baugenehmigung ende. Diese teilte ihm mit, dass die Genehmigung ihrer Ansicht nach erloschen sei. Diese Rechtsansicht ließ der Bauherr gerichtlich überprüfen – mit für ihn positivem Ausgang.

DIE FOLGEN

Die dreijährige Geltungsdauer einer Baugenehmigung gem. § 73 Abs. 1 HBauO läuft auch dann nicht ab, wenn der Bauherr aufgrund eines Rechtsmittels des Nachbarn nicht auf ihren Bestand vertrauen kann. In solchen Fällen ist es auf äußere Umstände zurückzuführen, dass nicht mit den Baumaßnahmen begonnen wird. Die Regelung, dass eine Baugenehmigung nach Ablauf von drei Jahren erlischt, trägt dem öffentlichen Interesse daran Rechnung, dass die Zulässigkeit des Vorhabens nur für einen begrenzten Zeitraum festgestellt sein soll. Demgegenüber ist das Interesse des Bauherrn, die ihm erteilte Genehmigung auch noch nach Ablauf von drei Jahren auszunutzen, dann höher zu bewerten, wenn die vorherige Ausnutzung unzumutbar gewesen ist, weil Umstände entgegengestanden haben, die er nicht beeinflussen konnte.

WAS IST ZU TUN?

Obwohl mit der Verwirklichung eines Bauvorhabens auch dann begonnen werden kann, wenn sich ein Nachbar dagegen wendet, weil einem Widerspruch und einer Anfechtungsklage grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung zukommen (§ 212 a Abs. 1 BauGB), ist es dem Inhaber einer Baugenehmigung nicht zuzumuten, diese auszunutzen, ohne zuvor Klarheit darüber zu haben, ob sie Bestand behalten wird. Darüber hinaus sollte auch nach Ablauf der Frist von drei Jahren immer geprüft werden, ob die Geltungsdauer der Baugenehmigung durch sonstige Umstände nach dem Rechtsgedanken des § 209 BGB gehemmt wurde. In Betracht kommt hier nicht nur ein vorübergehender hoheitlicher Eingriff, sondern auch ein Rechtsbehelf eines Nachbarn oder auch das Bestreiten der Fortgeltung der Baugenehmigung durch die Bauaufsichtsbehörde.