Bei Planfeststellung müssen auch Alternativen erwogen werden
Ein Planfeststellungsbeschluss, der alternative Planungen nicht ausreichend würdigt, ist abwägungsfehlerhaft und damit rechtswidrig. Er darf nicht vollzogen werden. (BVerwG, Urteile vom 14. März 2018, Az. 4 A 5.17 und 4 A 7.17)
DER FALL
Ein kommunales Unternehmen und betroffene Anwohner haben Klage gegen einen Planfeststellungsbeschluss der Bezirksregierung Köln eingereicht, der sich auf die Errichtung und den Betrieb einer Höchstspannungsfreileitung zwischen der Gemeinde Rommerskirchen und Bornheim-Sechtem bezieht. Im Bereich der Stadt Hürth sollte die Trasse mit rund 80 Meter hohen Masten parallel zu einer bereits vorhandenen Leitung zwischen den Stadtteilen Efferen und Hermülheim verlaufen. Erstinstanzlich war das Bundesverwaltungsgericht zuständig.
DIE FOLGEN
Das BVerwG hat den Planfeststellungsbeschluss für rechtswidrig und nicht vollziehbar erklärt. Es hält die geplante Trassenführung für abwägungsfehlerhaft. Denn nach § 43 S. 4 Energiewirtschaftsgesetz sind bei der Planfeststellung die öffentlichen und privaten Belange, die von dem Vorhaben berührt werden, gegeneinander abzuwägen. Das Gericht ist der Auffassung, dass die Argumente, die für eine Alternativtrasse sprechen, nicht ausreichend ermittelt wurden. Dies gilt insbesondere im Blick auf Unterschiede in der Siedlungsstruktur, ein Naturschutzgebiet und mögliche technische Schwierigkeiten der Alternativtrasse, führten die Verwaltungsrichter aus.
WAS IST ZU TUN?
Planfeststellungsverfahren sind besonders komplex, denn es stellen sich Themen aus den unterschiedlichsten Rechtsgebieten. Jeder Aspekt, der im konkreten Fall relevant wird, muss genau in den Blick genommen werden. Für die „abwägungsrelevanten Belange“ ist entscheidend, dass sie in ihrer Bedeutung ausreichend ermittelt werden – und zwar so, dass eine sachgerechte Entscheidung möglich ist. Das erfordert eine konkrete und umfassende Zusammenstellung all dieser Belange. Denn es ist gerichtlich voll überprüfbar, ob alle Umstände, die für die Entscheidung maßgeblich sind, erkannt wurden und Teil der Abwägungsentscheidung geworden sind. Eine Auswahl zwischen mehreren Planungsvarianten ist dabei ein Teil dieser Abwägungsentscheidung. Die Entscheidung für eine Variante ist allerdings nicht schon dann fehlerhaft, wenn die Alternative, die von der Planungsbehörde verworfen wurde, ebenfalls mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre. Die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit bei der Trassenwahl sind erst dann überschritten, wenn eine andere als die gewählte Trassenführung sich eindeutig als die bessere erweist. Oder wenn der Behörde ein rechtlicher Fehler unterlaufen ist, weil sie die einzelnen Belange fehlerhaft ermittelt oder gewichtet hat.
(Quelle: Immobilien Zeitung 24.5.2018, Ausgabe 21/2018)