Bei Teilerbauseinandersetzung zählt der Vergleichswert

30. Juni 2022

Aus einer Teilerbauseinandersetzung kann kein Nachweis für den gemeinen Wert eines Grundstücks abgeleitet werden. Das Grundstück ist im Vergleichsverfahren zu bewerten. (FG Düsseldorf, Urteil vom 12. Mai 2021, Az. 11-K-2359/19 BG)

Der Fall
Der Kläger ist Miterbe zu 40% neben dem Bruder der Erblasserin. Zum Nachlass gehörte ein Reihenhaus. Im Rahmen einer Teilerbauseinandersetzung erwarb der Kläger den Anteil des Miterben für 48.000 Euro. Hieraus errechnet sich ein Wert von 80.000 Euro für das gesamte Reihenhausgrundstück. Das Finanzamt stellte dagegen in dem für Reihenhäuser vorgesehenen Vergleichswertverfahren einen Wert von 137.500 Euro fest. Diese Summe legte es der Erbschaftsteuer zugrunde, da der Kaufpreis nicht im gewöhnlichen Geschäftsverkehr vereinbart worden sei. Der Kläger wandte dagegen ein, dass zwischen ihm und dem Miterben kein Näheverhältnis bestanden habe, und rief das Finanzgericht an. Das Gericht sah aber ebenfalls nicht den Nachweis für einen niedrigeren Verkehrswert. Der Verkauf von Miteigentumsanteilen entspricht nach Auffassung des FG nicht dem gewöhnlichen Geschäftsverkehr. Dies gilt erst recht bei einer Teilerbauseinandersetzung. Die Revision ist beim BFH anhängig (Az. II R 8/21).

Die Folgen
Da das Finanzgericht den Verkauf als nicht im gewöhnlichen Geschäftsverkehr zustande gekommen beurteilt hat, muss das Grundstück nach dem Bewertungsgesetz im Vergleichsverfahren bewertet werden. Hierbei sind Kaufpreise heranzuziehen, die für Vergleichsgrundstücke gezahlt wurden. Dafür reicht aber ein Verkauf, wie er im Urteilsfall erfolgt ist, nicht aus. Die Vergleichswerte werden von den Gutachterausschüssen für Grundstückswerte veröffentlicht. Wenn der Ausschuss keinen Vergleichspreis mitteilt, können das Finanzamt und der Steuerpflichtige Vergleichsgrundstücke benennen. Ist der vom Gutachterausschuss ermittelte Wert zu hoch, bleibt dem Steuerpflichtigen nur noch, den niedrigeren Wert durch ein Sachverständigengutachten oder Käufe bzw. Verkäufe innerhalb eines Jahrs vor oder nach dem Erbfall nachzuweisen.

Was ist zu tun?
In vergleichbaren Fällen sollte bereits im Einspruchsverfahren, spätestens aber vor dem Finanzgericht, ein Gutachten eines vereidigten Grundstückssachverständigen eingeholt und vorgelegt werden. Wird darin ein Wert unter Berücksichtigung der vom Gutachterausschuss veröffentlichten Werte ermittelt, ist dies nach Auffassung der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs aussagekräftiger als ein Wert, der von einem internen Gutachter des Finanzamts berechnet wurde. Dieses Gutachten muss aber bereits im finanzgerichtlichen Verfahren vorgelegt werden. Das Gericht kann dann das Gutachten nur ablehnen, wenn es nicht den gesetzlichen Vorgaben für die Ermittlung der Vergleichswerte entspricht. Ein Gutachten, das erst bei ihm vorgelegt wird, kann es aber nicht berücksichtigen.

(Quelle: Immobilien Zeitung 23.6.2022, Ausgabe 25/2022)