Berechnung des Ausgleichsbetrags: Nur die Sanierung zählt
Berechnet eine Behörde sanierungsrechtliche Ausgleichsbeträge, dann darf sie die Bodenwertsteigerung, die nicht mit der Sanierung zusammenhängt, nicht berücksichtigen. (OVG Berlin-Brandenburg, Urteile vom 10. Juli 2017, Az. 2 B 1.16, 2 B 7.16 und 2 B 11.16)
DER FALL
Die Kläger in den drei parallel laufenden Verwaltungsstreitverfahren sind Eigentümer von Grundstücken in der Spandauer Vorstadt in Berlin-Mitte, die 1993 aufgrund von erheblichen städtebaulichen Missständen zum Sanierungsgebiet erklärt wurde. Im Zuge der Sanierung wurden 1,25 Mrd. Euro investiert. Nachdem die Sanierung im Jahr 2008 beendet war, zog das zuständige Bezirksamt die drei Grundstückseigentümer zu sanierungsrechtlichen Ausgleichsbeträgen heran. Dagegen klagten diese. Sie führten an, dass die Bodenwerte im Berliner Szenebezirk Mitte nicht nur wegen der Sanierungsmaßnahmen gestiegen seien, sondern vielmehr aufgrund der allgemeinen Marktentwicklung.
DIE FOLGEN
Das OVG Berlin-Brandenburg hat die Bescheide in allen Verfahren aufgehoben. Das Sanierungsgebiet „Mitte-Spandauer Vorstadt“ ist in nicht zu beanstandender Weise förmlich festgesetzt worden. Das Bezirksamt hat aber die sanierungsrechtlichen Ausgleichsbeträge falsch berechnet. Es berechnete die Beträge im sogenannten Zielbaumverfahren, in dem die Differenz zwischen dem Anfangs- und dem Endwert eines Grundstücks ermittelt wird. Dabei wird nicht berücksichtigt, dass die Verkehrswerte der Grundstücke nicht nur aufgrund der Sanierung angestiegen sind, sondern auch weil sich das Gebiet unabhängig von der Sanierung fortentwickelt hat. Dieser nicht sanierungsbedingte Anteil der Bodenwertsteigerung darf nicht in die Ausgleichsbeträge einberechnet werden. Das Bezirksamt muss die Beträge neu berechnen und dabei die allgemeine Qualitätsveränderung der Spandauer Vorstadt beachten.
WAS IST ZU TUN?
Auch zehn Jahre nach Abschluss der Sanierung und trotz der langjährigen Gerichtsverfahren bleibt unklar, wie die sanierungsrechtlichen Ausgleichsbeträge nun genau berechnet werden müssen. Denn aus den obergerichtlichen Urteilen folgt im Gegensatz zur Vorinstanz nur, wie die Berechnung eben nicht erfolgen darf. Damit sind nun weiter die Behörden für die Frage zuständig, wie die Ausgleichsbeträge neu berechnet werden sollen. Es bleibt abzuwarten, wie das Wertermittlungsverfahren der Zielbaummethode im Licht der neuen Rechtsprechung angepasst wird. Wegen der bestehenden Unklarheiten ist Eigentümern von Grundstücken, die in Sanierungsgebieten liegen, zu raten, dass sie die ihnen auferlegten sanierungsrechtlichen Ausgleichsbeträge genau prüfen. Bei Zweifeln sollte dagegen vorgegangen werden. Die aktuellen Urteile zeigen, dass hier begründete Erfolgsaussichten bestehen und dass die Behörden mit der Kalkulation überfordert sind, obwohl ihnen ein Wertermittlungsspielraum zusteht.
(Quelle: Immobilien Zeitung 25.1.2018, Ausgabe 4/2018)