Der Vertragsinhalt ist maßgeblich, nicht die Überschrift

04. Oktober 2021

Die Überschrift eines Vertrags gibt nicht zwingend seine Rechtsnatur vor. Es kommt stets auf den Vertragsinhalt an, beispielsweise den Nutzungszweck der Mietsache. (BGH, Urteil vom 13. Januar 2021, Az. VIII ZR 66/19)

Der Fall
Eine Kommanditgesellschaft mietete von einer anderen KG für eine unbestimmte Laufzeit acht Wohnungen. Der Mietvertrag wurde mit „Mietvertrag über Wohnraum“ betitelt. Darin wurden diverse Regelungen vereinbart, die gesetzlich nur für das Wohnraummietrecht gelten. Der spätere Zwangsverwalter der Vermietergesellschaft kündigte ohne Angabe von Gründen den Mietvertrag. Die mietende KG vermietete danach dennoch eine Wohnung an den Beklagten. Hierauf kündigte der Zwangsverwalter auch den Mietvertrag mit diesem wegen Zahlungsverzug und klagte auf Herausgabe der Wohnung. Das verweigerte der Beklagte, denn der Zwangsverwalter sei nicht in das Mietverhältnis zwischen ihm und der KG eingetreten und könne somit nicht kündigen. Der BGH verweist die Sache an das Berufungsgericht zurück.

Die Folgen
Ausschlaggebend ist für die Rechtsnachfolge des Klägers, ob er die Kündigung gegenüber der mietenden KG hätte begründen müssen, wie es bei einem Wohnungsmietvertrag nötig wäre. Der Vertrag zwischen den beiden Gesellschaften ist ein gewerblicher Mietvertrag, den der Zwangsverwalter ohne Begründung kündigen konnte. Primär ist nämlich der Nutzungszweck, den der Mieter verfolgt, für die Rechtsnatur maßgeblich. Eine Gesellschaft, hier eine KG, kann eine Wohnung nicht selbst bewohnen. Zudem widerspricht die Anzahl der Wohnungen sowie eine antizipierte Erlaubnis zur Untervermietung an Dritte eigenen Wohnzwecken. Es ließ sich auch nicht erkennen, dass der Vermieter über die einzelnen konkreten Bezüge hinaus alle mieterschützenden wohnraumspezifischen Kündigungserfordernisse in den Vertrag einbeziehen wollte.

Was ist zu tun?
Ein Vermieter muss darauf achten, nicht ungewollt durch seinen gewerblichen Zwischenmieter in ein Wohnraummietverhältnis nach § 565 BGB einzutreten und damit die mieterschützenden Sondervorschriften des Wohnraummietrechts beachten zu müssen. Dies gilt erst recht, wenn der gewerbliche Zwischenmieter, wie hier, bereits nach ausgesprochener Kündigung, aber vor dem Beendigungszeitpunkt weitere Wohnraummietverhältnisse eingeht. Ein Schadenersatzanspruch gegen den Zwischenmieter ist fraglich, da dieser noch nutzungsberechtigt ist. Idealerweise vereinbart man daher im gewerblichen Mietvertrag ein verbindliches Muster des Wohnraummietvertrags für die Untervermietung, ein Zustimmungserfordernis zugunsten des Vermieters vor Abschluss eines Untermietvertrags sowie Handlungsbeschränkungen des Zwischenmieters nach einer Kündigung.

(Quelle: Immobilien Zeitung 30.9.2021, Ausgabe 39/2021)