Die Pflicht zur Abstandszahlung verbleibt beim Verkäufer
Der Käufer einer vermieteten Immobilie muss die Abstandszahlung, die der Verkäufer mit einem Mieter für ein vorzeitig beendetes Vertragsverhältnis vereinbart hat, nicht übernehmen. (OLG Jena, Urteil vom 30. August 2019, Az. 4 U 858/18)
DER FALL
Mieter und Vermieter haben ein Mietverhältnis gegen Zahlung einer Abstandssumme vorzeitig beendet. Der Vermieter verkaufte seinen Grundbesitz noch vor Vertragsende an einen Dritten. Der Mieter gibt die Räume zurück und fordert von seinem ehemaligen Vermieter die vereinbarte Abstandszahlung. Zu Recht?
DIE FOLGEN
Ja! Der Anspruch des Mieters, dass ihm für die vorzeitige Vertragsauflösung ein Abstand gezahlt wird, ist nicht gemäß § 566 BGB („Kauf bricht nicht Miete“) auf den Erwerber der Immobilie übergegangen. Denn von § 566 BGB sind nur solche Rechte und Pflichten erfasst, die als mietvertraglich zu qualifizieren sind oder die in einem untrennbaren Zusammenhang mit dem Mietvertrag stehen. Für die Frage, welche Rechte und Pflichten der Norm unterfallen, kommt es daher auf die jeweilige Vertragsbestimmung an. Ein Erwerber tritt deshalb nicht in Rechte und Pflichten ein, die außerhalb des Mietverhältnisses liegen, selbst wenn sie als zusätzliche Vereinbarung im Mietvertrag geregelt sind. Die hier vereinbarte Abstandszahlung für die vorzeitige Vertragsauflösung wird nicht von § 566 BGB umfasst, weil sie nur in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Mietverhältnis steht. Die Abstandszahlung hat gerade nicht den Zweck, dass das Mietverhältnis fortbesteht, sondern soll es ersetzen. Der ehemalige Vermieter hat es sich „abkaufen“ lassen, dass der Mieter mit einer verkürzten Laufzeit einverstanden ist. Die Entschädigung dafür ist für sich allein keine Leistung oder Verpflichtung aus dem laufenden Mietverhältnis. Zwar gibt es einen Zusammenhang zwischen der vorzeitigen Vertragsbeendigung und der Abstandszahlung, dieser ist aber kein untrennbarer Zusammenhang mit dem Mietvertrag. Es kommt auch nicht darauf an, dass die Abstandszahlung erst nach der Veräußerung fällig geworden ist.
WAS IST ZU TUN?
§ 566 BGB ist keine Generalklausel, die einen Vermieter, der seine Immobilie veräußert, befreit. Vielmehr muss der Verkäufer weiterhin alle Verpflichtungen erfüllen, die nicht im unlösbaren Zusammenhang mit dem Mietvertrag stehen, also typisch für den Mietvertrag sind und als dessen Inhalt angesehen werden müssen. In diesem Zusammenhang sind auch ein Mieterlass, eine Stundung oder Vorauszahlung der Miete zu beachten, die der ehemalige Vermieter und der Mieter vereinbart haben. Derartige Rechtsgeschäfte können zwar nach § 566c BGB auch gegenüber einem Erwerber wirken – aber nur, wenn sie sich auf eine spätere Zeit als den Kalendermonat beziehen, in dem der Mieter erfahren hat, dass das Eigentum auf den Käufer übergeht.
(Quelle: Immobilien Zeitung 2.4.2020, Ausgabe 14/2020)