Die WEG darf dem Verwalter größeren Spielraum geben

03. Januar 2022

Wohnungseigentümer können dem Verwalter per Beschluss Entscheidungskompetenzen übertragen, die über seine gesetzlichen Befugnisse hinausgehen, wenn dabei das finanzielle Risiko für sie begrenzt bleibt.

Der Fall
Die Kläger fechten den Beschluss in einer Wohnungseigentümergemeinschaft aus 70 Einheiten an, mit dem der Abschluss eines neuen Verwaltervertrags genehmigt wurde. In dem Vertrag ist u.a. geregelt, dass der Verwalter berechtigt ist, Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen am gemeinschaftlichen Eigentum ohne vorherige Beschlussfassung einzuleiten und Aufträge zulasten der Eigentümergemeinschaft zu vergeben bis zu 4.000 Euro im Einzelfall und bis zu 8.000 Euro pro Wirtschaftsjahr. Bei größeren baulichen Änderungen soll der Verwalter sich nach vorherigem Hinweis sachkundiger Dritter bedienen und hierfür bis zu 3.000 Euro im Einzelfall bzw. bis zu 6.000 Euro pro Jahr aufwenden dürfen. Weitere Regelungen betreffen u.a. Vergütungen für Eigentümerversammlungen und für die kaufmännische Betreuung von Bauarbeiten am Gemeinschaftseigentum. Die gegen diesen Beschluss gerichtete Anfechtungsklage blieb vor dem Amts- und Landgericht ohne Erfolg.

Die Folgen 
Auch die Revision beim Bundesgerichtshof war erfolglos. Dem Verwalter dürfen per Beschluss über seine gesetzlichen Befugnisse hinausgehende Kompetenzen übertragen werden, wenn diese Kompetenzverlagerung für den einzelnen Wohnungseigentümer nur zu begrenztem und überschaubarem finanziellen Risiko führt. Zwar obliegt die Entscheidung über Maßnahmen am gemeinschaftlichen Eigentum und den dadurch entstehenden Kosten grundsätzlich den Eigentümern im Rahmen der selbstbestimmten Verwaltung. Aber im Rahmen dieser Verwaltung hat die Eigentümergemeinschaft das Recht, die Verwaltung zu vereinfachen, indem sie untergeordnete Aufgaben delegiert. Der Maßstab, ob die Erweiterung der Aufgaben des Verwalters untergeordnet ist, ist das mögliche finanzielle Risiko der einzelnen Eigentümers. Soweit dem Gebot der Wirtschaftlichkeit Rechnung getragen wird, darf die Eigentümergemeinschaft dem Verwalter außerdem Sondervergütungen für zusätzliche Eigentümerversammlungen, Betreuung von nicht regelmäßig anfallenden Bauarbeiten, die Vorbereitung von Prozessen oder die Abwicklung von Versicherungsschäden zugestehen.

Was ist zu tun?
Die Verwaltung von Eigentümergemeinschaften wird immer komplexer und der Aufwand der Verwaltungen steigt, insbesondere bei großen Eigentümergemeinschaften, bei denen Eigentümerversammlungen schwieriger zu organisieren sind. Daher ist eine Vereinfachung des Verfahrens häufig unumgänglich, wenn ein Verwalter zu zumutbaren laufenden Kosten gefunden werden soll. Das Urteil trägt dem Rechnung.

(Quelle: Immobilien Zeitung 23.12.2021, Ausgabe 51/2021)