Dienstbarkeit wirkt erst, wenn die Fläche im Grundbuch steht
Damit eine Grunddienstbarkeit wirksam ist, muss das begünstigte Grundstück im Zeitpunkt der Eintragung auch als selbstständiges Grundstück bestehen.
(BGH, Urteil vom 11. November 2022, Az. V ZR 145/21)
Der Fall
Der Kläger ist Eigentümer eines Flurstücks, das an das Flurstück des Beklagten angrenzt. Der Beklagte hat sein Grundstück von einem Voreigentümer erworben. Als dieser wiederum das Flurstück vom damaligen Eigentümer gekauft hatte, einigten die beiden sich im notariellen Kaufvertrag auch auf die Bestellung einer Grunddienstbarkeit – eine Bepflanzungsbeschränkung – zugunsten eines damals noch zu vermessenden Teilstücks des Flurstücks 1523, das dem heutigen Flurstück des Klägers entspricht. Mit einer Nachtragsurkunde wurde die Grunddienstbarkeit vom Voreigentümer „zugunsten des jeweiligen Eigentümers der Flst.Nr. 1523“ bewilligt und als Belastung in das Grundbuch des Flurstücks des Beklagten eingetragen. Im Zeitpunkt der Eintragung war das Flurstück des Klägers noch nicht selbstständig auf einem Grundbuchblatt gebucht. Der Kläger verlangte, dass die Bepflanzungsbeschränkung eingehalten wird.
Die Folgen
Die Klage wurde abgewiesen, da die Grunddienstbarkeit nicht entstanden ist. Damit eine Grunddienstbarkeit wirksam wird, ist die Einigung über die Bestellung der Grunddienstbarkeit und ihre Eintragung in das Grundbuch erforderlich. Einigung und Eintragung müssen zudem inhaltlich übereinstimmen. Im vorliegenden Fall fehlte es an dieser Übereinstimmung, da die Einigung in Bezug auf das Flurstück des Klägers erfolgt ist, die Eintragung jedoch das Flurstück 1523 betraf. Zudem kann gemäß § 1018 BGB eine Grunddienstbarkeit nur zugunsten eines im Sinne der Grundbuchordnung rechtlich selbstständigen Grundstücks wirksam entstehen. Selbstständiges Grundstück ist jede räumlich abgegrenzte, im Zeitpunkt der Eintragung der Grunddienstbarkeit auf einem besonderen Grundbuchblatt gebuchte Fläche. Das Flurstück des Klägers war zum Zeitpunkt der Eintragung noch kein rechtlich selbstständiges Grundstück.
Was ist zu tun?
Der BGH zeigt mögliche Lösungsansätze selbst auf: Mit einer Identitätserklärung kann die Wirksamkeit der Grunddienstbarkeit sichergestellt werden, wenn das begünstigte Grundstück zum Zeitpunkt der Einigung über die Grunddienstbarkeit noch nicht selbstständig besteht, sondern erst im Zeitpunkt der Eintragung. Sofern ein begünstigtes Grundstück bei der Eintragung rechtlich nicht existiert, bleibt es dabei, dass die Grunddienstbarkeit unwirksam ist. Die Eintragung kann also erst erfolgen, wenn das begünstigte Grundstück selbstständig besteht. Um die Vereitelung der Eintragung oder einen Rangverlust während dieser Wartezeit zu verhindern, sollte auf eine Vormerkung zurückgegriffen werden, um den Anspruch auf Eintragung zu sichern.
(Quelle: Linklaters, Rechtsanwalt Hinrich Kahrs von Linklaters in Immobilien Zeitung 9.3.2023, Ausgabe 10/2023)