Eigenmächtiger WEG-Verwalter verliert seine Ansprüche nicht

16. Mai 2022

Beauftragt ein Verwalter abweichend von einem WEG-Beschluss Maßnahmen am Gemeinschaftseigentum und verlangt die WEG, dass Zahlungen erstattet werden, können dem Verwalter dennoch Gegenansprüche zustehen. (BGH, Urteil vom 10. Dezember 2021, Az. V ZR 32/21)

Der Fall
Eine Wohnungseigentümergemeinschaft beschließt, eine Firma mit der Erneuerung der Eingangstüren und Briefkastenanlagen zu beauftragen. Der Verwalter beauftragt das günstigere Angebot einer anderen Firma und begleicht deren Rechnung aus den Mitteln der Gemeinschaft. Ein späteres Insolvenzverfahren über das Unternehmen wird mangels Masse nicht eröffnet. Die WEG hat den Vertrag nicht genehmigt und fordert den Verwalter auf, den Rechnungsbetrag zurückzuzahlen. Der Verwalter rechnet das auf mit einem Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag und Bereicherungsrecht. Das Amtsgericht und das Landgericht geben der Klage der WEG vollumfänglich statt.

Die Folgen
Der BGH verweist die Sache an das LG zurück. Zwar weist § 21 Abs. 4 WEG a.F. die Kompetenz für die Instandhaltung ausdrücklich der WEG zu. Der Verwalter besitzt aber im Gegensatz zu den einzelnen Eigentümern grundsätzlich eine Handlungs- und Entscheidungskompetenz für derlei Maßnahmen. Daher ist § 21 Abs. 4 WEG a.F. keine Sperrwirkung dahingehend zuzuschreiben, dass die allgemeinen Regeln der Geschäftsführung ohne Auftrag und des Bereicherungsrechts nicht mehr greifen. Insbesondere dient ein solcher Ausschluss nicht dazu, den eigenmächtig handelnden Verwalter zu „bestrafen“, indem ihm Aufwendungsersatzansprüche entzogen werden. Der Ersatzanspruch des Verwalters ist auf den Ausgleich der Werterhöhung der Anlage durch die veranlassten Maßnahmen gerichtet. Hierzu sind weitere Feststellungen zu treffen, wobei der BGH darauf hinweist, dass das Abweichen von der Beschlussfassung es rechtfertigen könnte, den Ersatzanspruch zu verringern, abhängig von den Umständen um bis zu 20%.

Was ist zu tun?
Dem Urteil liegt zwar das Recht vor der WEG-Reform zugrunde, die Kernaussagen gelten aber erst recht für die Gegenansprüche des Verwalters nach dem neuen WEG-Recht. Dort wurden die organschaftliche Stellung sowie die Bedeutung des Verwalters noch gestärkt. Dem eigenmächtig tätigen Eigentümer stehen dagegen weiter keine Ersatzansprüche zu. Der Gegenanspruch des Verwalters wird meist auf ersparte Aufwendungen der WEG gerichtet sein. Insoweit ist das Urteil nicht ungerecht. Dennoch sollte der Verwalter Vorgaben im Beschluss einhalten. Bei der Entscheidungsfindung ist nämlich nicht nur das preisgünstigste Angebot maßgeblich, sondern auch Geschäftsbeziehungen, Referenzen oder Haftungsfragen. Hier dürften der WEG Nachteile entstehen, weil gegen den insolventen Vertragspartner Erfüllungs- bzw. Mängelansprüche nicht durchsetzbar sind. Dies begründet einen Abschlag.

(Quelle: Immobilien Zeitung 12.5.2022, Ausgabe 19/2022)