Eigentümer sind verpflichtet, ein marodes Gebäude zu sanieren

15. März 2022

Wohnungseigentümer können die Nutzung des Gemeinschaftseigentums nicht aus Gründen der Verkehrssicherheit durch Mehrheitsbeschluss dauerhaft verbieten, wenn dadurch die Nutzung des Sondereigentums eingeschränkt wird.

Der Fall 
Im Sondereigentum der Klägerin stehen drei von insgesamt elf Ebenen eines sanierungsbedürftigen Parkhauses, die sie an ein benachbartes Hotel vermietet. Die restlichen Ebenen werden aufgrund eines Mehrheitsbeschlusses der Wohnungseigentümer seit mehreren Jahren nicht mehr genutzt. Nachdem das Bauordnungsamt Nachweise über die Einhaltung der brandschutztechnischen Mindeststandards angefordert hatte, fassten die Wohnungseigentümer mehrheitlich den Beschluss, dass die Ebenen der Klägerin nicht mehr genutzt werden dürfen. Ihr wurde gestattet, die notwendigen Brandschutzmaßnahmen auf eigene Kosten nachzurüsten und danach ihre Ebenen wieder zu nutzen. Sie klagte gegen diesen Beschluss und bekam vor dem BGH Recht.

Die Folgen
Der BGH stellt zunächst fest, dass Wohnungseigentümer grundsätzlich zur Gefahrenabwehr ein Nutzungsverbot für das Gemeinschaftseigentum beschließen können. Dies ist aber nur in engen Grenzen möglich und kann die Nutzung des Sondereigentums nicht einschränken bzw. ausschließen. Die Wohnungseigentümer müssen gravierende bauliche Mängel des gemeinschaftlichen Eigentums beheben lassen, die eine Nutzung des Sondereigentums zu dem vereinbarten Zweck erheblich beeinträchtigen oder sogar ausschließen. Zwingend notwendige Maßnahmen können nicht auf einzelne Wohnungseigentümer abgewälzt werden. Dabei ist eine Berufung auf eine Unzumutbarkeit der Kosten nicht möglich, so der BGH. Ein dauerhaftes Nutzungsverbot kann nur dann rechtmäßig sein, wenn eine Sanierungspflicht ausgeschlossen ist, weil das Gebäude mehr als zur Hälfte zerstört ist. Der BGH hat die umstrittene Frage, wann eine Zerstörung des Gebäudes i.S.d. § 22 IV WEG a.F. vorliegt, dahingehend beantwortet, dass die Nutzbarkeit des Gebäudes durch ein punktuelles Ereignis wie Brand, Explosion oder Überflutung wesentlich beeinträchtigt oder aufgehoben sein muss.

Was ist zu tun?
Der BGH führt mit dieser Entscheidung seine Rechtsprechung fort, wonach die Wohnungseigentümer Maßnahmen zur Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Anforderungen an das gemeinschaftliche Eigentum zu ergreifen haben und sich damit nicht der Sanierungspflicht durch Mehrheitsbeschluss entziehen können. Ferner legt der BGH § 22 WEG n.F. eng aus. Das hat zur Folge, dass Wohnungseigentümer die laufende Abnutzung des Gemeinschaftseigentums im Auge behalten und von den anderen Eigentümern die Erhaltung des Gebäudes verlangen müssen, wenn sie verhindern wollen, plötzlich mit hohen Sanierungskosten konfrontiert zu werden.

(Quelle: Immobilien Zeitung 10.3.2022, Ausgabe 10/2022)