Ein Händler schuldet trotz Lockdown die volle Ladenmiete
Ist die Schließung eines Einzelhandelsgeschäfts im Zuge der Corona-Pandemie staatlich angeordnet, liegt damit kein Mangel der Mietsache vor, der einen Gewerbemieter zur Mietminderung berechtigen würde. (LG Frankfurt, Urteil vom 2. Oktober 2020, Az. 2-15 O 23/20)
Der Fall
Eine große Textilkette hatte Geschäftsräume für eine Filiale in Frankfurt am Main angemietet. Die Räume wurden als Verkaufs- und Lagerräume für ein Einzelhandelsgeschäft genutzt. Der monatliche Mietzins einschließlich des Betriebskostenvorschusses und der Umsatzsteuer betrug zuletzt rund 6.200 Euro. Im Zuge der Covid-19-Pandemie verordnete das Land Hessen die Schließung sämtlicher Verkaufsstätten des Einzelhandels für die Zeit vom 18. März bis zum 20. April 2020. Damit musste auch die Handelskette ihre Filiale schließen. Sie zahlte wegen einer Liquiditätslücke den Mietzins im April nicht. Die Vermieterin forderte die Filialkette außergerichtlich zur Zahlung auf – ohne Erfolg. Schließlich klagte sie die Mietzahlung ein.
Die Folgen
Mit Erfolg, die Mieterin muss die volle Miete bezahlen. Das LG Frankfurt erklärte, dass öffentlich-rechtliche Beschränkungen zwar zu einem Mangel führen können, der den Mieter dazu berechtigt, die Miete zu mindern. Dies gilt jedoch nur unter der Voraussetzung, dass die Beschränkungen der Mietsache ihre Ursache gerade in deren Beschaffenheit und Beziehung zur Umwelt haben und nicht in den persönlichen oder betrieblichen Umständen des Mieters. Da der Gewerberaum während der coronabedingten Schließung durchaus genutzt werden konnte, beschränkte das hoheitliche Einschreiten nur die Art des Geschäftsbetriebs der Mieterin. Das fällt in den Risikobereich der Handelskette, sodass kein Mietmangel vorlag. Auch liegt keine Störung der Geschäftsgrundlage vor, denn solange der Mieter das Risiko trägt, mit dem Mietobjekt Gewinne erzielen zu können, führen befristete Schließungen nicht zum Wegfall der Geschäftsgrundlage. Extreme Ausnahmefälle durch die Schließung, etwa eine Existenzgefährdung für die Mieterin, lagen nicht vor.
Was ist zu tun?
Die Entscheidung des LG Frankfurt lässt erkennen, dass behördliche Schließungsanordnungen aufgrund der Corona-Pandemie grundsätzlich weder zum Entfall der Mietzahlungspflicht noch zur Mietminderung führen und keine Unmöglichkeit im Sinne von § 275 BGB begründen. Solange der Mieter das Risiko trägt, Gewinne zu erzielen, führen befristete Schließungen auch nicht zur Störung der Geschäftsgrundlage. Gleichwohl hat das LG München I mit seinem Urteil vom 22. September überraschenderweise anders entschieden (siehe „Schließung im Lockdown gilt als Mangel der Mietsache“, IZ 48/20). Somit bleibt erst einmal abzuwarten, in welche Richtung sich die Rechtsprechung zu den Corona-Maßnahmen im Mietrecht entwickeln wird.
(Quelle: Immobilien Zeitung 10.12.2020, Ausgabe 50/2020)