Eine alte Baugenehmigung erlischt nicht automatisch

20. Januar 2020

Eine Baugenehmigung wird nicht automatisch unwirksam, nur weil die darin genehmigte Nutzung aufgegeben wird. (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 8. November 2018, Az. 2 B 4.17)

DER FALL
Die Eigentümerin eines Grundstücks, auf dem früher eine Autolackiererei betrieben wurde, klagte gegen eine Nutzungsuntersagung. 2004 hatte sie eine Baugenehmigung für „Verwaltung und Lager“ bekommen und das Grundstück seitdem unter anderem zur Lagerung von Baugeräten und Baumaterialien genutzt. Zwischen 2008 und 2012 hat die Eigentümerin ihr Grundstück an einen Autohandel überlassen. Eine Baugenehmigung für diese Nutzung wurde ihr nicht erteilt, obwohl sie entsprechende Anträge gestellt hat. Ab 2013 hat sie die frühere Lagernutzung wieder aufgenommen. Die Gemeinde hat diese Nutzung verboten – wegen fehlender Baugenehmigung. Die Eigentümerin ging daraufhin gegen diese Nutzungsuntersagung vor. Das Verwaltungsgericht hat die Klage in erster Instanz zurückgewiesen. Die Berufung war hingegen erfolgreich.

DIE FOLGEN
Die erneute Nutzung als Lager ist von der Baugenehmigung aus dem Jahr 2004 gedeckt, entschied das Oberverwaltungsgericht. Die alte Genehmigung ist nicht unwirksam geworden, weil die Gemeinde sie nicht ausdrücklich aufgehoben hat. Die Baugenehmigung hat sich auch nicht auf andere Weise erledigt, denn nur weil das Grundstück zwischenzeitlich anders genutzt wurde, wurde damit nicht auf die Baugenehmigung verzichtet. Das Grundstück wurde auch nicht derart baulich verändert, dass Baumaßnahmen nötig wären, um zur alten Nutzung zurückzukehren. Dass die Eigentümerin einem Dritten das Grundstücks für eine Nutzung überlassen hat, die von der Baugenehmigung nicht gedeckt ist, und die Genehmigung der neuen Nutzung beantragte, lässt sich nicht als Verzicht auf die Baugenehmigung auslegen. Das Grundstück kann weiterhin als Lager genutzt werden.

WAS IST ZU TUN?
Bei vielen Bauprojekten stellt sich die Frage, ob eine alte Baugenehmigung für eine aufgegebene Nutzung erloschen ist oder weiterhin als Grundlage für eine neue Nutzung dienen kann. Eine Nutzung genehmigungsfrei wieder aufzunehmen, ist häufig dann rechtlich vorteilhaft, wenn die bauordnungsrechtlichen Anforderungen in der Zwischenzeit verschärft oder das Bauplanungsrecht verändert wurden. Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts zeigt, dass es sich lohnen kann, genau zu prüfen, ob eine alte Baugenehmigung noch wirksam ist. Denn die Hürden für das stillschweigende Erlöschen einer wirksamen Baugenehmigung sind hoch und das Ergebnis der Prüfung hängt von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab. Im Ergebnis ist es durchaus zulässig, dass eine frühere Nutzung auch nach einer mehrjährigen Unterbrechung wiederaufgenommen wird.

(Quelle: Immobilien Zeitung 16.1.2020, Ausgabe 3/2020)