Eine Baustelle darf auch frühzeitig eingerichtet werden

20. Mai 2022

Ein Lagerplatz für Baumaterialien kann selbst dann als Baustelleneinrichtung verfahrensfrei sein, wenn noch keine Baugenehmigung erteilt wurde. (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 26. Januar 2022, Az. 1 ME 119/21)

Der Fall
Eine Bauherrin wendet sich gegen die Verfügung einer Behörde. In dieser wird ihr untersagt, ihr Grundstück dazu zu nutzen, um Baumaterialien zu lagern. Es wurden die Beseitigung angeordnet und ein Zwangsgeld angedroht. Die Baumaterialien sollten für ein bisher nicht genehmigtes Bauvorhaben verwendet werden. Die Gemeinde hatte die Baugenehmigung abgelehnt, die dagegen erhobene Verpflichtungsklage war anhängig. Das Verwaltungsgericht lehnte zudem den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Anordnung zur Beseitigung ab. Die Bauherrin legte Beschwerde ein und hatte damit Erfolg.

Die Folgen
Das VG wertet das Grundstück durch das Abstellen der Baumaterialien als genehmigungspflichtigen Lagerplatz. Ein solcher erfordert eine Verfestigung der Nutzung in dem Maße, dass sie die Grundstückssituation prägt. Auch der räumliche Umfang der Nutzung ist zu beachten. Nach Ansicht des OVG handelt es sich hier jedoch um eine verfahrensfreie Baustelleneinrichtung, die räumlich, funktional und zeitlich dem Bauvorhaben zugeordnet ist. Ausreichend ist, dass das Vorhaben einer hinreichend konkretisierten Maßnahme dient und es vernünftige Gründe dafür gibt, die Baustelle frühzeitig einzurichten. Die Konkretisierung kann vor allem durch einen Bauantrag oder eine Bauanzeige erfolgen. Die nicht unrealistische Erwartung, eine Baugenehmigung erteilt zu bekommen oder zu erstreiten, stellt einen erforderlichen vernünftigen Grund dar.

Was ist zu tun?
Wenn ein Bauherr Baumaterialien auf seinem Grundstück abstellt, sollte er immer beachten, dass hierin ein genehmigungspflichtiger Lagerplatz gesehen werden kann. Besonders bei einer längerfristigen Lagerung oder einer größeren gelagerten Materialmenge ist davon auszugehen, dass ein Lagerplatz vorliegt. Die Genehmigungspflicht entfällt jedoch, wenn es sich um eine Baustelleneinrichtung handelt. Bei hinreichender Konkretisierung des Vorhabens kann diese auch ohne erteilte Baugenehmigung vorliegen, wenn ein Bauantrag gestellt wurde. Außerdem sollte der Bauherr verständliche Gründe vorweisen können, aus denen hervorgeht, weshalb die Baustelleneinrichtung bereits vorgenommen wurde. Die Gründe für eine solche frühzeitige Einrichtung können vielseitig sein: Besonders die Erteilung einer Baugenehmigung in absehbarer Zeit oder Vorkehrungen wegen einer Baustoffknappheit können angeführt werden. Grundsätzlich sollte ein Bauherr sich vor dem Abstellen des Baumaterials informieren, ob hierdurch ein Lagerplatz entsteht, und wenn das der Fall ist, ob gegebenenfalls Gründe für eine Genehmigungsfreiheit vorliegen.

(Quelle: Immobilien Zeitung 12.5.2022, Ausgabe 19/2022)