Eine fehlende Anlage kippt die Schriftform des Mietvertrags
Fehlt eine Anlage über die Mietindexierung, die dem Mietvertrag beizufügen ist, liegt ein Verstoß gegen die mietvertraglich vereinbarte qualifizierte Schriftform vor.
(LG Leipzig, Urteil vom 30. Juni 2021, Az. 07 O 2582/20)
Der Fall
In einem Gewerberaummietvertrag ist vereinbart, dass nachträgliche Änderungen und Ergänzungen des Vertrags sowie Abweichungen zu dieser Formvorschrift der Schriftform bedürfen (sog. „doppelte Schriftformklausel“). Vermieter und Mieter schlossen drei Nachträge. Im zweiten Nachtrag vereinbarten sie unter anderem, dass das Mietverhältnis ab dem 1. Januar 2013 unbefristet fortgesetzt wird und mit einer Frist von zwölf Monaten gekündigt werden kann. Im dritten Nachtrag wurden eine Festlaufzeit bis Ende 2018 und zwei Verlängerungsoptionen zugunsten des Mieters vereinbart. Unter Bezugnahme auf eine beizufügende Anlage wurde zudem eine Mietindexierung vereinbart. Diese Anlage wurde dem Nachtrag aber nicht beigelegt. 2018 erklärte der Mieter, die Option auszuüben, und im Frühjahr 2020 kündigt ihm der Vermieter mit einer Frist von zwölf Monaten. Zu Recht?
Die Folgen
Ja! Das Mietverhältnis ist vor dem Hintergrund der im zweiten Nachtrag vereinbarten unbefristeten Laufzeit und der dort vorgesehenen Kündigungsmöglichkeit wirksam gekündigt worden. Das Mietverhältnis hat sich auch nicht dadurch verlängert, dass der Mieter die im dritten Nachtrag vorgesehene Verlängerungsoption ausgeübt hat. Denn dieser Nachtrag ist unwirksam. Dadurch, dass die Parteien die Anlage, in der die Indexierung der Miete geregelt war, dem Nachtrag nicht beigefügt hatten, haben sie gegen die vereinbarte Schriftform verstoßen. Dies führt zur Formnichtigkeit und somit dazu, dass der gesamte dritte Nachtrag unwirksam wird (§ 125 Satz 2 BGB). Bei der Miethöhe und deren Ermittlung handelt es sich um einen wesentlichen Vertragsgegenstand, der ebenfalls der rechtsgeschäftlich bestimmten Schriftform unterliegt. Aufgrund der gesamten Unwirksamkeit des dritten Nachtrags sind auch die vereinbarten Verlängerungsoptionen entfallen.
Was ist zu tun?
Um zu vermeiden, dass Vertragsabreden unwirksam werden, müssen die Parteien eines Gewerbemietvertrags bei der Vereinbarung der doppelten Schriftform sämtliche Abreden schriftlich festhalten. Hiervon umfasst sind insbesondere auch alle Anlagen zum Mietvertrag, die ihm beigefügt sind bzw. die zumindest ausdrücklich auf ihn verweisen müssen und umgekehrt. Dieser Grundsatz gilt unabhängig von einer doppelten Schriftformklausel auch im Hinblick auf das für Gewerberaummietverträge relevante gesetzliche Schriftformerfordernis des § 550 BGB. Denn danach gilt ein Mietvertrag, der für längere Zeit als ein Jahr nicht in schriftlicher Form (§ 126 BGB) abgeschlossen wird, auf unbestimmte Zeit geschlossen. Mangels Festlaufzeit ist das Mietverhältnis dann vorzeitig ordentlich nach den gesetzlichen Bestimmungen kündbar.
(Quelle: Immobilien Zeitung 3.11.2022, Ausgabe 44/2022)