Eine Nutzungsuntersagung kann ein Mangel sein
Beruht eine öffentlich-rechtliche Gebrauchsbeschränkung oder ein Gebrauchshindernis auf der Beschaffenheit oder Lage der Mieträume, kann diese ein Mangel sein, der zur außerordentlichen Kündigung berechtigt. (OLG Dresden, Urteil vom 24. Juni 2020, Az. 5 U 653/20)
DER FALL
Zwischen den Parteien bestand ein gewerblicher Mietvertrag über den Betrieb einer Spielhalle. Vereinbart war, dass der Vermieter keine Gewähr dafür übernimmt, dass die Räume technischen Anforderungen sowie behördlichen und anderen Vorschriften entsprechen und der Mieter alle behördlichen Auflagen auf eigene Kosten erfüllt. Nach der Neuregelung des Glücksspielstaatsvertrags wurde dem Mieter die Nutzung als Spielhalle untersagt, weil sie zu nahe an einer Schule und damit in einer sogenannten Sperrzone lag. Der Mieter kündigte außerordentlich, weil er die Räume nicht mehr vertragsgemäß nutzen konnte, und zahlte keine Miete mehr.
DIE FOLGEN
Zu Recht! Das OLG sieht in der Nutzungsuntersagung einen erheblichen Mangel, der verhindert, dass in den Räumen eine Spielhalle betrieben werden kann, und den Mieter zur außerordentlichen Kündigung berechtigt. Der Mangel beruht auf der Lage der Spielhalle in der Sperrzone und ist nicht in persönlichen oder betrieblichen Umständen des Mieters begründet. Da die Nutzungsuntersagung nicht anfechtbar ist, ist der Mieter auch tatsächlich in seinem vertragsmäßigen Gebrauch eingeschränkt. Die Vermieterhaftung hierfür ist nach Ansicht des OLG nach dem Wortlaut der Vereinbarungen, die Mieter und Vermieter getroffen haben, nicht auf den Mieter verlagert worden. Die Nutzungsuntersagung stellt nämlich einen eigenen Verwaltungsakt dar und ist nicht nur eine Nebenbestimmung in Form einer Auflage, die der Mieter laut Mietvertrag auf eigene Kosten zu erfüllen hätte. Auch sind Anforderungen an die Lage der Räume von technischen Anforderungen, behördlichen und sonstigen Vorschriften zu unterscheiden, die die Räume selbst betreffen. Daher greift der vereinbarte Gewährleistungsausschluss nicht.
WAS IST ZU TUN?
Es ist Sache des Vermieters, die Voraussetzungen in Bezug auf Art, Beschaffenheit und Lage der Mietsache zu schaffen, die für die Erteilung behördlicher Erlaubnisse notwendig sind. Diese Verantwortung des Vermieters kann individualvertraglich, nicht aber formularmäßig auf den Mieter übergewälzt werden. Daher sollte vor Abschluss eines Mietvertrags geprüft werden, welche Voraussetzungen unter Berücksichtigung des vertraglich vereinbarten Mietzwecks an die Mietsache gestellt werden. Der Mietzweck sollte zudem klar bestimmt sein. Sofern die Verantwortlichkeit des Vermieters individualvertraglich auf den Mieter übertragen werden soll, ist auf eine geeignete Formulierung der mietvertraglichen Regelung zu achten, damit nicht – wie im vorliegenden Fall – Risiken beim Vermieter bleiben, weil die Vertragsgestaltung lückenhaft war.
(Quelle: Immobilien Zeitung 27.8.2020, Ausgabe 35/2020)