Ersterwerber steht für WEG-Beiträge gerade

13. November 2015

Wohnungseigentumsrecht: Gegenüber der Eigentümergemeinschaft bleibt ein noch nicht im Grundbuch eingetragener Ersterwerber auch dann Eigentümer, wenn er die Wohnung unter Besitzübertragung weiterveräußert. (BGH, Urteil vom 24. Juli 2015, Az. V ZR 275/14)

DER FALL

Die Tochter der Beklagten kaufte 2004 vom Bauträger eine Eigentumswohnung, die durch Teilung des Grundstücks des Bauträgers entstanden war. Ende 2012 veräußerte die Tochter die Wohnung an ihre Mutter. Die Abtretung der Auflassungsvormerkung wurde ins Grundbuch eingetragen, die Eintragung des Volleigentums war noch nicht erfolgt. Nach Zahlungsrückständen der Mutter verklagte die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) diese auf Zahlung der rückständigen Hausgeldforderungen für die Jahre 2012 und 2013. Das AG gab der Klage statt, das LG wies sie ab. Der BGH bestätigte die Zurückweisung.

DIE FOLGEN

Nach Ansicht des BGH war die beklagte Mutter nicht Wohnungseigentümerin im Sinne des § 16 II WEG und schuldet nicht die geforderten Beträge. Diese hat der Wohnungseigentümer nach § 16 II WEG zu leisten. Das kann auch ein sog. werdender Wohnungseigentümer sein. Darunter versteht die Rechtsprechung einen Erstkäufer, der Wohneigentum erstmalig nach dessen Entstehen vom teilenden Eigentümer erwirbt. Damit soll der Erwerber bereits vor dem rechtlichen Entstehen der WEG mit allen Rechten und Pflichten eines Volleigentümers ausgestattet sein Anders als früher in einem Urteil vom 14. Juni 1965 hält der BGH es nicht mehr für notwendig, die Konstruktion des werdenden Wohnungseigentümers auch auf den Zweiterwerber anzuwenden. Das Ausüben des Stimmrechts und Tragen der Lasten im Innenverhältnis können vertraglich geregelt werden. Daher ist der Verkauf einer Wohnung durch den werdenden Wohnungseigentümer, in diesem Fall die Tochter, an einen Dritten – die Mutter – als regulärer Zweiterwerb einzustufen. Dies soll auch die WEG schützen, für die die Weiterveräußerung vor Eintrag ins Grundbuch nicht erkennbar ist. Der zweite Käufer erwirbt seine Mitgliedschaftsrechte und -pflichten somit erst mit Eintrag ins Grundbuch.

WAS IST ZU TUN?

Bis der Zweiterwerber als Eigentümer im Grundbuch steht, ist der Erstkäufer als werdender Wohnungseigentümer gegenüber der WEG verpflichtet. Um sich gegen Rückgriffe abzusichern, sollte er mit dem Zweitkäufer die Schuldübernahme vereinbaren und hierzu die Zustimmung der WEG einholen. Ist das nicht möglich, kann zumindest ein Schuldbeitritt des Zweiterwerbers über einen echten Vertrag zugunsten der WEG im Außenverhältnis sowie eine Übernahme im Innenverhältnis vereinbart werden. Dann kann die WEG auch den Zweiterwerber in Anspruch und der Ersterwerber Rückgriff im Innenverhältnis nehmen.

(Quelle: Immobilien Zeitung 5.11.2015, Ausgabe 44/2015)