Es gibt keinen Anspruch auf ein unverdecktes Schaufenster

01. Oktober 2020

Ein Grundstückseigentümer hat keinen Anspruch darauf, dass die Schaufensterfront seines Geschäftshauses uneingeschränkt betrachtet werden kann. (OVG Niedersachsen, Beschluss vom 4. Mai 2020, Az. 7 ME 37/20)

Der Fall
Der Eigentümer eines gewerblich genutzten Grundstücks wollte beim Verwaltungsgericht erreichen, dass ein Nachbar dazu verpflichtet wird, einen Pavillon, den er aufgestellt hatte, wieder zu entfernen. Denn durch den Pavillon konnte die Schaufensterfront seine Geschäftshauses nicht mehr uneingeschränkt betrachtet werden. Das Verwaltungsgericht lehnte den Antrag ab. Gegen diesen Beschluss richtete der Eigentümer eine Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht.

Die Folgen
Ohne Erfolg, das Gericht wies die Beschwerde zurück. Der Eigentümer hat kein Abwehrrecht gegen die Sonnenschirmkonstruktion des Nachbarn, weder aufgrund des durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb seines Mieters noch durch die Sondernutzungserlaubnis, die der Nachbar für seine Außengastronomie bekommen hatte, bzw. durch die Vorgaben des Niedersächsischen Straßengesetzes (NStrgG) oder den sogenannte Anliegergebrauch. Zwar ist die beanstandete Konstruktion des Nachbarn aller Voraussicht nach nicht von seiner Sondernutzungserlaubnis gedeckt, doch vermittelt § 22 NStrG keinen Anspruch auf behördliches Einschreiten. Vielmehr steht die Entscheidung, wie gegen eine unerlaubte Sondernutzung vorgegangen wird, im Ermessen der zuständigen Behörde. Ein Anspruch darauf, dass eine Schaufensterfront uneingeschränkt betrachtet werden kann, gehört nicht zum geschützten Kern des sogenannten Anliegergebrauchs.

Was ist zu tun?
Wenn Grundstückseigentümer gewerblich genutzter Grundstücke gegen Nachbarn vorgehen, sollten sie stets bedenken, ob ihnen tatsächlich ein Anspruch zusteht. Oftmals haben sie Mieter, die allein von etwaigen äußerlichen Gegebenheiten in der Nachbarschaft unmittelbar in ihrem Grundrecht des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs betroffen sind. Art. 14 Abs. 1 GG räumt aber keinen Anspruch auf eine Grundstücksnutzung ein, die wirtschaftlich am vorteilhaftesten ist. Auch eine dem Nachbarn erteilte Sondernutzung seines Grundstücks vermittelt den Betroffenen, wenn die erlaubte Nutzung überschritten ist, meist nicht ohne weiteres einen Anspruch auf behördliches Einschreiten. Darüber entscheidet letztlich die Behörde selbst. Zu beachten ist darüber hinaus, dass es explizit nicht zum geschützten Kern des sogenannten Anliegergebrauchs gehört, dass ein freies Betrachten der Schaufensterfront gewährleistet ist. Umfasst vom Anliegergebrauch ist vor allem die Möglichkeit des „Kontakts nach außen“. Das bedeutet zum Beispiel, dass Kunden der Zugang zum Geschäft möglich ist, dies könnte ggf. per Rechtsmittel durchgesetzt werden.

(Quelle: Immobilien Zeitung 24.9.2020, Ausgabe 39/2020)