Fremdanlieger müssen Erschließungsbeitrag zahlen

15. Februar 2016

Öffentliches Baurecht: „Fremdanlieger“, die sich nicht freiwillig an den Kosten einer von einem privaten Erschließungsträger hergestellten Straße beteiligen, können von der Gemeinde zur Zahlung von Erschließungsbeiträgen herangezogen werden. (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 17. Oktober 2015, Az. OVG 5 N 8.14)

DER FALL

Eine Gemeinschaft von Grundstückseigentümern verpflichtete sich gegenüber der Gemeinde zur Neuherstellung einer Erschließungsstraße. Der Erschließungsvertrag sah vor, dass die Kosten für den Straßenbau der Gemeinde in Rechnung gestellt und von dieser in Form von Erschließungsbeiträgen auf alle erschlossenen Grundstücke verteilt werden sollten. Die auf die Grundstücke der Erschließungsgemeinschaft entfallenden Beiträge sollten mit dem Kostenerstattungsanspruch gegen die Gemeinde verrechnet werden. Nur von den nicht zur Erschließungsgemeinschaft gehörenden Anliegern sollte die Gemeinde die Beiträge tatsächlich einziehen und an die Erschließungsgemeinschaft weiterreichen.

DIE FOLGEN

Die Klage, mit der sich einer der betroffenen „Fremdanlieger“ gegen die Heranziehung zur Zahlung von Erschließungsbeiträgen für den Straßenbau zur Wehr setzte, blieb ohne Erfolg. Das Gericht hielt sowohl den Beitragsbescheid als auch die zugrunde liegende Konstruktion des „modifizierten“ Erschließungsvertrags für rechtmäßig.

WAS IST ZU TUN?

In Zeiten chronisch knapper kommunaler Kassen lässt sich der Bau von Erschließungsstraßen in Wohn- und Gewerbegebieten meist nur mittels privater Initiativen bewerkstelligen. Beim „klassischen“ Erschließungsvertrag übernehmen es eine Eigentümergemeinschaft oder ein privater Unternehmer als Erschließungsträger, die Straße auf eigene Kosten herzustellen. Sofern Erschließungsträger und Eigentümer der erschlossenen Grundstücke nicht identisch sind, erfolgt die Refinanzierung regelmäßig auf der Grundlage zivilrechtlicher Vereinbarungen. Dieses Modell stößt aber an Grenzen, wenn einzelne Anlieger zwar die Vorteile der Erschließung in Anspruch nehmen, sich aber nicht an den damit verbundenen Kosten beteiligen wollen. Der Erschließungsträger kann die „Fremdanlieger“ regelmäßig nicht zur Kostenbeteiligung zwingen und die Gemeinde kann von ihnen keine Erschließungsbeiträge verlangen, weil ihr durch den privat finanzierten Straßenbau kein eigener Aufwand entstanden ist. Aus diesem Dilemma helfen Vertragskonstruktionen wie die im vorliegenden Fall. Durch sie werden die Kosten der Erschließungsmaßnahmen zumindest formal auf die Gemeinde verlagert, die damit die Handhabe hat, auch die „Fremdanlieger“ zur Zahlung von Erschließungsbeiträgen heranzuziehen. Dass diese Konstruktionen von der Rechtsprechung gebilligt werden, ist erfreulich. Allerdings gibt es dabei viele juristische Feinheiten zu berücksichtigen. Gemeinden und Erschließungsträger sollten daher auf die Formulierung von „Fremdanliegerklauseln“ große Sorgfalt verwenden.

(Quelle: Immobilien Zeitung 11.2.2016, Ausgabe 6/2016)