Gebäude gehört zu dem Grundstück, dem der Erbauer es zuordnet

22. Februar 2016

Grundstücksrecht: Baut ein Grundstückseigentümer ein Gebäude auf mehrere in seinem Eigentum stehende Grundstücke, kommt es für die Zuordnung des Gebäudes zu einem Grundstück auf die Absicht und das Interesse des Erbauers an. (OLG Hamm, Urteil vom 20. August 2015, Az. 5 U 2/15)

DER FALL

Noch zu Lebzeiten hatte die Alleineigentümerin dreier aneinandergrenzender Grundstücke ihren beiden Kindern A und B das Eigentum an den Grundstücken übertragen. Jedem der Kinder wurde ein Grundstück zum Alleineigentum übertragen, das dritte Grundstück wurde zum gemeinsamen Eigentum von A und B. In der südwestlichen Ecke des Grundstücks der A steht ein Wohngebäude. Zwischen den Erben der mittlerweile verstorbenen A und dem B besteht nun Streit darüber, ob das Gebäude ausschließlich auf dem Grundstück, das früher der A und jetzt der Erbengemeinschaft gehört, oder zum Teil auch auf dem dritten gemeinsamen Grundstück, einem Acker, steht. Zudem wird darüber gestritten, wessen Eigentum das Gebäude ist, wenn es zum Teil auf dem Ackergrundstück belegen sein sollte.

DIE FOLGEN

Das OLG Hamm stellte fest, dass das Gebäude auch im Falle eines Überbaus, also wenn es zum Teil auf dem Acker steht, Eigentum der Erbengemeinschaft ist. Der Überbau fand zu einem Zeitpunkt statt, zu dem sämtliche Grundstücke noch im Alleineigentum einer Person standen. Bei einem derartigen Eigengrenzüberbau werde das Gebäude wesentlicher Bestandteil des Grundstücks, zu dem es nach Absicht und Interesse des Erbauers gehören soll. Sofern die Absicht nicht bekannt ist, lasse sie sich aus den objektiven Gegebenheiten erschließen. Indizien seien z.B. die wirtschaftliche Interessenlage, die Zweckbeziehung des überbauten Gebäudes und die räumliche Erschließung durch einen Zugang. Demnach war im vorliegenden Fall das Grundstück der Erbengemeinschaft Stammgrundstück. Nichts anderes ergibt sich aus dem Vortrag des B, es habe später einen umfangreichen Aus- und Umbau des Gebäudes vom Grundstück der A zum gemeinsamen Ackergrundstück gegeben, urteilten die Richter. Ein solcher nachträglicher Aus- und Umbau des Gebäudes über die Grundstücksgrenze sei mit Zustimmung des B erfolgt. Bei einem sogenannten rechtmäßigen Überbau werde der Überbauende entgegen der Grundregel der §§946, 94 Abs. 1 BGB Eigentümer des auf dem Nachbargrundstück stehenden Gebäudeteils (§ 95 Abs. 1 Satz 2 BGB entsprechend).

WAS IST ZU TUN?

Sofern ein Eigentümer mehrerer aneinandergrenzender Grundstücke plant, diese mit Gebäuden zu bebauen, sollte er sich zunächst darüber im Klaren sein, ob und inwieweit er Grundstücksgrenzen überbaut. In diesem Fall bietet es sich an, ausdrücklich (schriftlich) zu bestimmen, welchem Grundstück der Bau zugeordnet werden soll. Auf diese Weise können spätere Streitigkeiten unter Rechtsnachfolgern vermieden werden.

(Quelle: Immobilien Zeitung 18.2.2016, Ausgabe 7/2016)