Gebäudezufahrt ist trotz Anbauverbotszone erlaubt

13. Juli 2020

Liegt ein Baugrundstück zum Teil in der fernstraßenrechtlichen Anbauverbotszone, darf die Zufahrt auf dem Grundstücksteil angelegt werden, der innerhalb der Zone liegt. Der Hochbau muss jedoch außerhalb davon erstellt werden. (BVerwG, Urteil vom 29. Januar 2020, Az. 9 C 10/18)

Der Fall
Ein Grundstückseigentümer wollte ein Zweifamilienhaus mit einer Garage bauen. Das Vorhabengrundstück befindet sich an einem Teilstück der Bundesautobahn 40, das im Jahr 2012 sechsspurig ausgebaut worden war. Das zweigeschossige Gebäude samt Garage sollte außerhalb der 40 m breiten fernstraßenrechtlichen Anbauverbotszone erstellt werden. Geplant war aber, das Gebäude über eine 5 m breite ebenerdige Zufahrt zu erschließen, und diese Zufahrt sollte zum Teil innerhalb der Anbauverbotszone liegen. Der Landesbetrieb Straßenbau NRW, der am Verfahren beteiligt wurde, lehnte es ab, dafür eine Ausnahmegenehmigung zu erteilen. Denn die Zufahrt liege innerhalb der Anbauverbotszone und sie sei ein wesentlicher Bestandteil des Bauvorhabens.

Die Folgen
Der Bauherr darf das Haus mitsamt Zufahrt bauen, urteilte das BVerwG. Bei der Frage, welche baulichen Anlagen innerhalb der Anbauverbotszone gemäß § 9 FStrG errichtet werden dürfen, befasste sich das Gericht mit dem Begriff „Hochbauten“. Nach der Rechtsprechung des BVerwG ist ein Hochbau eine bauliche Anlage, die über die „Erdgleiche“ herausragt und mit dem Erdboden verbunden ist. Das Fernstraßengesetz dagegen geht in § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FStrG von einem weiten Begriff des „Hochbaus“ aus. Allerdings können die einzelnen Teile eines mehrteiligen Bauvorhabens fernstraßenrechtlich unterschiedlich bewertet werden. Sofern es sich um erdgleiche bauliche Anlagen handelt, beispielsweise Zufahrten, sind diese in einer Anbauverbotszone zulässig, so das BVerwG.

Was ist zu tun?
Bei Vorhabengrundstücken im näheren Bereich von Bundesfernstraßen muss zunächst immer geprüft werden, ob diese teilweise oder vollständig in der Anbauverbotszone liegen. Ist das teilweise der Fall und kann keine Ausnahme gemäß § 9 Abs. 8 FStrG erteilt werden, kann der Bauherr zumindest „erdgleiche bauliche Anlagen“ wie Zufahrten, Stellplätze oder eine Tiefgarage innerhalb der Anbauverbotszone errichten lassen – sofern das Hauptgebäude, der Hochbau, außerhalb davon liegt. Dies gilt selbst dann, wenn die Anlage mit dem Hochbau verbunden ist, wie etwa bei einer Tiefgarage. Ein Gebäude außerhalb der Anbauverbotszone ist auch ohne Ausnahmegenehmigung zulässig, wenn dessen Zufahrt innerhalb der Anbauverbotszone liegt. Ein Grundstück, das nur zum Teil in der Anbauverbotszone liegt, kann nach diesem Urteil des BVerwG also durch die richtige Anordnung von Gebäudekörper, Zufahrten und Stellplätzen deutlich besser ausgenutzt werden.

(Quelle: Immobilien Zeitung 9.7.2020, Ausgabe 28/2020)