Gewerbemietfläche darf nach DIN-Norm berechnet werden
Mietrecht. Sagt ein Gewerbemietvertrag nichts zur Flächenberechnung aus, bildet die DIN 277 eine zulässige, mögliche Rechenbasis. Eine „ca.“-Angabe ist keine zugesicherte Eigenschaft. Eine Mietminderung ist ab einer Unterschreitung von mehr als 10% begründet.
OLG Brandenburg, Urteil vom 6. Januar 2015, Az. 6 U 134/13, (Quelle: Immobilien Zeitung, Nr. 12, 26.03.2015, Seite 10)
DER FALL
In einem Gewerbemietvertrag ist die Mietfläche mit „ca. 110 m²“ beschrieben. Aufgrund einer Mietflächenerweiterung schließen Vermieter und Mieter einen neuen Mietvertrag. Zur Mietfläche heißt es im Vertrag, „die Praxisräume vergrößern sich um ca. 81 m² auf 191 m²“; eine Flächenermittlungsgrundlage ist nicht vereinbart. Als sich herausstellt, dass die Fläche gemäß DIN 277 nur 177,70 m² groß ist, mindert der Mieter die Miete. Zu Recht?
DIE FOLGEN
Nein! Eine Flächenunterschreitung begründet nur dann eine Minderung, wenn der Mietsache eine zugesicherte Eigenschaft fehlt oder ein Mangel vorliegt, der die Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch erheblich mindert. Die Zusicherung einer Eigenschaft setzt voraus, dass eine Partei für deren Vorhandensein oder ihr Fehlen einstehen will. Das ist bei der bloßen Angabe einer m²-Zahl im Mietvertrag regelmäßig nicht der Fall; erst recht nicht, wenn die Flächenangabe mit dem Zusatz „ca.“ versehen ist. Es liegt auch kein zur Minderung berechtigender Mangel vor. Denn ein solcher wird erst bei einer Flächenunterschreitung von mehr als 10% anerkannt. Nach der DIN 277 liegt aber in diesem Fall nur eine Flächenunterschreitung von weniger als 7% vor. Da im Mietvertrag keine Grundlage zur Berechnung der Fläche vereinbart ist und für die Ermittlung von Gewerbemietflächen keine allgemein anerkannte Berechnungsgrundlage existiert, konnte der Vermieter die DIN 277 als mögliche und zulässige Berechnungsgrundlage wählen. Der Mieter kann seinerseits die Berechnung nicht nach der (für ihn günstigeren) Wohnflächenverordnung erwarten. Denn für eine Gewerbefläche ist nicht die Wohnfläche, sondern die Nutzfläche maßgeblich.
WAS IST ZU TUN?
In einem Mietvertrag sollte stets darauf geachtet werden, dass die tatsächliche Größe der Mietfläche nicht nur genau angegeben wird, sondern auch die Berechnungsgrundlage. Für Gewerbemietverträge stellen sowohl die DIN 277 Teil 1 (aktuelle Ausgabe: 2005-02) als auch die gif-Richtlinie (Berechnung der Mietfläche für gewerblichen Raum der Gesellschaft für immobilienwirtschaftliche Forschung) mögliche und zulässige Berechnungsgrundlagen dar. Dabei ist die Anwendung der gif-Richtlinie für den Mieter im Regelfall günstiger, da die Mietfläche gemäß der gif-Richtlinie nur einen Teil der Bruttogrundfläche umfasst. Erfahrungsgemäß beträgt der Unterschied häufig zwischen 10% und 20%, was sich erheblich auf die Miete auswirkt.