Inhalt einer Grunddienstbarkeit muss im Grundbuch stehen
Soll eine Grunddienstbarkeit auch das Recht zum Verweilen auf dem Grundstück umfassen, muss dies im Grundbuch zumindest schlagwortartig eingetragen werden. Die Bewilligungsurkunde genügt nicht. (BGH, Urteil vom 17. Dezember 2021, Az. V ZR 44/21)
Der Fall
Eine Bauträgergesellschaft hat Reihenhäuser in einer Siedlung errichtet und den Käufern an einer Grünfläche, die mittig zwischen den Reihenhäusern gelegen ist und in ihrem Eigentum verblieb, Dienstbarkeiten eingeräumt. Diese sind im Grundbuch als Geh-, Fahr- und Leitungsrechte eingetragen. Die Bewilligungsurkunde enthält darüber hinaus das Recht, auf der Fläche zu verweilen. Die Bauträgergesellschaft beabsichtigt, dieses Grundstück, das von den Bewohnern für Erholungszwecke genutzt wird, mit weiteren Häusern zu bebauen. Dagegen wehren sie sich: Die geplante Bebauung verletzt nach ihrer Auffassung nämlich ihr Recht, sich auf der Grünfläche aufzuhalten.
Die Folgen
Der BGH gibt dem Bauträger Recht: Die geplante Bebauung verstößt nicht gegen die Dienstbarkeit, da diese gerade nicht ein Verweilrecht im Sinnes eines Aufenthaltsrechts und eines Rechts zum beliebigen Hin- und Hergehen beinhaltet. Dafür hätte das Recht zumindest schlagwortartig im Grundbuch eingetragen werden müssen, denn ausschlaggebend ist die Grundbucheintragung und nicht etwa die in Bezug genommene Bewilligungsurkunde. Ein Dritter muss den wesentlichen Inhalt und die Bedeutung der Belastung aus dem Grundbuch ersehen können. Der BGH argumentiert, dass keines der eingetragenen Rechte – auch nicht das Gehrecht – ein umfangreiches Verweilrecht im Sinne einer Erholung und Entspannung enthalten. Der BGH hat die Sache zur Prüfung, in welcher Weise die geplante Bebauung das Geh-, Fahr- und Leitungsrecht einschränken würde, an das Kammergericht zurückverwiesen.
Was ist zu tun?
Grunddienstbarkeiten sind aus rechtlicher und wirtschaftlicher Sicht für die Nutzung durch die herrschenden Grundstücke von zentraler Bedeutung. Andererseits können sie den Wert und den Nutzen eines Grundstücks als dessen Belastung erheblich mindern. Daher ist bei der Bestellung von Dienstbarkeiten Sorgfalt und Vorsicht geboten. Das Gesetz gibt gewisse Rahmenbedingungen vor, überlässt die konkrete Ausgestaltung einer Grunddienstbarkeit aber der privaten Vereinbarung der Beteiligten. Um spätere Unklarheiten und Streitigkeiten zu vermeiden, sollte der Inhalt der Rechte und Pflichten, die mit der Grunddienstbarkeit geregelt werden sollen, möglichst genau formuliert werden. Dabei ist darauf zu achten, dass der Umfang der Dienstbarkeit auch aus der konkreten Eintragung im Grundbuch ersichtlich ist. Denn einmal eingetragen können Dienstbarkeiten im Regelfall nicht mehr einseitig gelöscht oder geändert werden.
(Quelle: Immobilien Zeitung 31.3.2022, Ausgabe 13/2022)