Ist der Balkon unbrauchbar, kann das den Wohnwert mindern
Dass ein Balkon zur Straßenseite hin ausgerichtet ist und wegen Verkehrslärms kaum genutzt werden kann, kann wohnwertmindernd sein. Ein Mieterhöhungsverlangen kann deshalb scheitern.
(AG Hamburg, Urteil vom 24. Februar 2022, Az. 48 C 240/20)
Der Fall
Eine Vermieterin verlangt von ihrem Mieter die Zustimmung zu einer Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete. Sie beruft sich dabei auf den örtlich geltenden Mietspiegel. Der Mieter stimmt der Erhöhung jedoch nicht zu. Er begründet das damit, dass bestimmte Mängel bestünden sowie diverse Merkmale der Wohnung nicht erfüllt seien. Dies betrifft auch den Balkon: Er ist zur sehr belebten und viel befahrenen Straßenseite hin ausgerichtet. Wegen der Lage und Ausrichtung des Balkons ist dieser nach Ansicht des Mieters nicht nutzbar.
Die Folgen
Das AG Hamburg entscheidet, dass der Mieter der Erhöhung nicht zustimmen muss. Das Gericht wägt in seiner Entscheidung die Art, Größe, Lage, die Ausstattung und die Beschaffenheit der Wohnung ab, um hierfür die ortsübliche Vergleichsmiete zu bestimmen. Dabei betrachtet es die entsprechenden Merkmale der Wohnung und bewertet diese auf Basis des geltenden Mietspiegels. Dabei genügt es nicht, wenn eine Wohnung gemäß der Vermietungsanzeige einen Balkon aufweist. Diesem muss auch ein relevanter Wohnwert zukommen. Anderenfalls kann dies wohnwertmindernd zu berücksichtigen sein und letztlich – wie hier – eine verlangte Mieterhöhungszustimmung ausschließen. Im hier vorliegenden Fall ist es nahezu ausgeschlossen, dass ein durchschnittlich lärmempfindlicher Mensch den Balkon der jeweiligen Jahreszeit entsprechend normal nutzt, etwa indem er sich bei wärmeren Temperaturen längere Zeit darauf aufhält – wegen des Lärms, der von der Straße ausgeht.
Was ist zu tun?
Wird von einem Mieter die Zustimmung zu einer Mieterhöhung verlangt, lohnt es sich aus seiner Sicht, alle vorgenannten Kriterien der Wohnung – Art, Größe, Lage, Ausstattung und Beschaffenheit – näher anzuschauen. Denn die vom Gesetz vorgesehene Abwägung ist recht umfassend. Sie ermöglicht es, auch Umstände zu berücksichtigen, die sonst beispielsweise nicht als wesentlicher Mangel gelten. Ein Vermieter sollte hingegen die bereits gezahlte Miete als Ausgangspunkt für sein etwaiges Mieterhöhungsverlangen nehmen. Ist die Miete, die der Mieter schon zahlt, im Mittel der einschlägigen Vergleichsspanne, sollte der Vermieter genau prüfen, weshalb die Wohnung überdurchschnittliche Merkmale aufweist, die einen höheren Ansatz in der Vergleichsspanne rechtfertigen. Dem Wohnwert bestimmter Merkmale kommt dabei eine wesentliche Bedeutung zu. Ebenso sollte der Vermieter die übrigen diversen Möglichkeiten eruieren, Zuschläge für bestimmte Merkmale einer Wohnung anzusetzen, wie beispielsweise eine Möblierung.
(Quelle: Immobilien Zeitung 12.5.2022, Ausgabe 19/2022)