Ist die Baugenehmigung erteilt, dann ist der Bau auch zulässig
Die Baugenehmigung ist nach der Konzeption des Schleswig-Holsteinischen Landesrechts der Schlusspunkt der öffentlich-rechtlichen Zulässigkeitsprüfung eines Bauvorhabens und gibt damit den Bau frei. (OVG Schleswig, Beschluss vom 20. April 2020, Az. 1 MB 2/20)
Der Fall
Ein Eigentümer wollte sein Wohnhaus, das in einem Landschaftsschutzgebiet liegt, erweitern und beantragte dafür eine Baugenehmigung. Das Bauamt beteiligte im Baugenehmigungsverfahren die untere Naturschutzbehörde. Die äußerte sich auch, allerdings erst, nachdem die Baugenehmigung bereits erteilt worden war. Die Naturschutzbehörde verfügte daraufhin eine sofort vollziehbare Einstellung der Bauarbeiten. Der Bauherr richtete gegen diese Baueinstellung einen gerichtlichen Eilantrag. Mit Erfolg!
Die Folgen
Nachdem er die Baugenehmigung erhalten hatte, durfte er davon ausgehen, dass keine weiteren Genehmigungen nötig seien – so argumentierte der Bauherr. Bevor die Naturschutzbehörde einschreiten kann, muss seiner Ansicht nach zunächst die Baugenehmigung aufgehoben werden. Es kommt daher nicht auf die Frage an, ob tatsächlich gegen naturschutzrechtliche Bestimmungen verstoßen wurde. Das OVG Schleswig hat dies im Ergebnis bestätigt und damit differierende Auffassungen einiger Kammern des Verwaltungsgerichts aufgehoben. Der Gesetzgeber hat bei der Änderung der Landesbauordnung im Jahr 2016 an den Besonderheiten des Landesrechts festgehalten: Wird das Vorhaben genehmigt, bedeutet das für den Bauherrn, dass es den öffentlich-rechtlichen Vorschriften entspricht.
Was ist zu tun?
Prüfprogramme und Regelungswirkungen von Baugenehmigungen sind in den einzelnen Landesbauordnungen sehr unterschiedlich ausgestaltet. Im Rahmen von Entbürokratisierung und Deregulierung sind die Baugenehmigungsverfahren nur vermeintlich vereinfacht worden, indem Regelungsbereiche aus dem Genehmigungsverfahren ausgeklammert wurden. Bloß wenn Baugenehmigungen mit einer „Konzentrationswirkung“ ausgestattet sind, darf der Bauherr darauf vertrauen, dass sein Vorhaben nicht von anderen Behörden aus denkmal- oder naturschutzrechtlichen bzw. sonstigen Gründen ausgebremst wird. Der Beschluss des OVG Schleswig vermittelt den Bauherren aber auch ohne explizite gesetzliche Konzentrationswirkung eine Rechtssicherheit, die zu begrüßen ist. Dennoch bleibt es dabei: Wer viel fragt, kriegt viele Antworten! Ein Bauherr ist deshalb gut beraten, wenn er jegliche potenziellen Genehmigungshindernisse in das Verfahren einführt. So kann er Risiken während der Bauabwicklung weitgehend ausschließen.
(Quelle: Immobilien Zeitung 8.10.2020, Ausgabe 41/2020)