Ist nichts geregelt, gilt die Verkehrsanschauung

13. März 2014

Mietrecht. Der Mietzweck und die Verkehrsanschauung sind für die Bestimmung der Anforderungen an die vom Vermieter von Gewerberaum bereitzustellenden Räume maßgeblich, wenn der Mietvertrag keine abweichenden Bestimmungen enthält.

BGH, Urteil vom 18. Dezember 2013, Az. XII ZR 80/12, (Quelle: Immobilien Zeitung, Nr. 8, 27.02.2014, Seite 12)

DER FALL

Die Parteien schlossen im Jahr 2007 einen Mietvertrag über Gewerberäume in einem zu DDR-Zeiten errichteten Gebäude. Vor der Übernahme der Mieträume wurde das Gebäude von der Klägerin umfassend saniert, wobei die bereits vorhandene Fernwärme-Heizungsanlage und das vorhandene Belüftungssystem entsprechend der eine Anlage zum Mietvertrag bildenden Baubeschreibung unverändert beibehalten wurden. Die Beklagte minderte die Miete für die Monate Juni 2010 und August bis November 2010. Sie begründete dies damit, die Heizungs- und Belüftungsanlage sei überdimensioniert und könne zudem nicht individuell und bedarfsgerecht eingestellt werden. Deshalb könne die Anlage nicht wirtschaftlich betrieben werden.

DIE FOLGEN

Der BGH geht davon aus, dass die Mietsache nicht mangelhaft ist und daher zu Unrecht gemindert wurde. Ein Mangel der Mietsache sei nur anzunehmen, wenn die Ist- von der Soll-Beschaffenheit der Mietsache abweicht. Es sind die Vertragsparteien, die durch die Festlegung des dem Mieter geschuldeten vertragsgemäßen Gebrauchs bestimmen, welchen Soll-Zustand die vermietete Sache spätestens bei Überlassung an den Mieter aufweisen muss. Ist keine ausdrückliche Regelung zum Soll-Zustand getroffen, muss anhand Vertragsauslegung geprüft werden, welchen Standard der Mieter aufgrund des Vertrags vom Vermieter verlangen kann. Dabei ist nach der Verkehrsanschauung der bei der Errichtung des Gebäudes geltende Maßstab anzulegen, da sowohl die Heizung als auch die Lüftungsanlage nach den vertraglichen Vereinbarungen nicht zu sanieren waren. Bezogen auf den Errichtungszeitpunkt seien die Anlagen jedoch ordnungsgemäß.

WAS IST ZU TUN?

Die Parteien sollten den vertraglich geschuldeten Zustand der Mietsache individualvertraglich möglichst genau beschreiben. Aus Sicht des Vermieters ist zu beachten, dass er vorbehaltlich wirksamer abweichender Regelungen im Vertrag eine zum Mietzweck uneingeschränkt geeignete Mietsache schuldet. Er sollte vor Mietvertragsabschluss prüfen, ob sich die Mietsache technisch eignet und die geplante Nutzung rechtlich zulässig ist. Formularvertragliche Regelungen, nach denen der Vermieter für die tatsächliche und rechtliche Eignung der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch nicht einzustehen hat, sind unwirksam. Mieter sollten insbesondere bei der Anmietung von Gebäuden aus den 1950er bis 1990er Jahren beachten, dass sich die Räume im Sommer häufig aufheizen. Sie sollten gegebenenfalls im Mietvertrag regeln, dass der Vermieter auf seine Kosten Vorsorge gegen zu große Erwärmung zu treffen hat.