Ja zur Zwangshaft bei Zweckentfremdung
Wird angeordnet, eine Wohnung nicht mehr zweckfremd zu nutzen, muss der Eigentümer oder Mieter das entsprechende Nutzungskonzept aufgeben. Ansonsten drohen Zwangsgeld und Ersatzzwangshaft. (VG München, Beschluss vom 16. Juli 2018, Az. M 9 X 17.5794)
DER FALL
Der Vollstreckungsschuldner war Mieter einer Vierzimmerwohnung in München, die er laut Mietvertrag im Rahmen des Zweckentfremdungsrechts untervermieten durfte. Die Behörde stellte aber fest, dass er die Wohnung über einen Zeitraum von acht Monaten mehrfach tageweise untervermietet hatte, und forderte den Schuldner auf, diese rechtswidrige Untervermietung zu beenden und die Wohnung wieder als Wohnung zu nutzen. Sie drohte ein Zwangsgeld von je 5.000 Euro für den Fall an, dass die Anordnung nicht innerhalb von sechs Wochen umgesetzt wird, zudem ordnete sie die sofortige Vollziehung an. Die Anfechtungsklage des Schuldners blieb erfolglos. Später stellte sich heraus, dass er die Wohnung weiter an Medizintouristen vermietete. Nachdem er das Zwangsgeld nicht bezahlte, forderte die Vollstreckungsgläubigerin die Ersatzzwangshaft.
DIE FOLGEN
Das VG München ordnete die Zwangshaft von längstens einer Woche an und erließ Haftbefehl. Das Zwangsgeld war uneinbringlich, da der Vollstreckungsschuldner behauptete, vermögenslos zu sein. Er war dazu verpflichtet, die zweckfremde Nutzung der Wohnung zu beenden, und sollte somit sein bisheriges Nutzungskonzept aufgeben. Der Schuldner hat die Wohnung aber trotz Aufhebung des Mietvertrags nicht an den Eigentümer zurückgegeben und vermietete sie stattdessen weiter für 200 bis 250 Euro pro Tag. Einfacher als durch Zwangshaft seien die Anordnungen nicht umzusetzen, insbesondere sei ein Bußgeldverfahren bei Vermögenslosigkeit sinnlos, so das Gericht. Auch die Insolvenz des Schuldners ändere nichts daran, dass die Anordnung von Ersatzzwangshaft geeignet und verhältnismäßig ist.
WAS IST ZU TUN?
Diese Entscheidung betrifft Wohnungsnutzer und Eigentümer in allen Städten mit einem Zweckentfremdungsverbot wie München, Berlin, Hamburg, Stuttgart und Köln. „Fremdenbeherbergung“ bedeutet, den Wohnraum vorübergehend Personen zu überlassen, die ihre Wohnung und ihren Lebensmittelpunkt an einem anderen Ort haben. Wird die Beendigung der Zweckentfremdung angeordnet, muss nachgewiesen werden, dass das Nutzungskonzept aufgegeben wurde, z.B. durch dauerhafte Vermietung an einen Wohnungsmieter oder durch Rückgabe der Wohnung an den Vermieter. Ansonsten drohen Zwangsgeld und – bei Nichtzahlung – die Ersatzzwangshaft. Eine „Flucht in die Vermögenslosigkeit“ oder in die Insolvenz schützt davor nicht. Ob dem Mieter die Untervermietung oder dem Wohnungseigentümer die Fremdenbeherbergung gestattet ist, ist für das Zweckentfremdungsrecht ebenso unerheblich wie die Frage, ob eine gewerbliche Nutzung der Wohnung baurechtlich überhaupt zulässig ist.
(Quelle: Immobilien Zeitung 30.8.2018, Ausgabe 35/2018)