Kauf bricht zwar nicht Miete, aber das Mitbenutzungsrecht
Darf ein Mieter ein weiteres Grundstück des Vermieters benutzen, das nicht Gegenstand des Mietvertrags ist, und wird dieses Grundstück verkauft, tritt der Erwerber nicht in den Mietvertrag ein. (BGH, Urteil vom 4. September 2019, Az. XII ZR 52/18)
DER FALL
Die Mieterin eines Gewerberaummietverhältnisses klagte gegen eine vorzeitige Kündigung nach § 111 InsO. Der insolvente ursprüngliche Vermieter hatte ihr ein Ladenlokal in einer Einkaufsgalerie sowie zusätzliche Lagerflächen vermietet. Beide Flächen wurden im Vertrag als Mietgegenstand bezeichnet und durch Skizzen näher definiert. In einem Nachtrag ist der Mieterin erlaubt worden, eine Anlieferfläche zu nutzen, die auf einem anderen Flurstück des Vermieters lag. Der Insolvenzverwalter hat dann das Hauptgrundstück an einen Erwerber und die Anlieferfläche an einen anderen Käufer verkauft. Nur der Erwerber des Hauptgrundstücks hat von seinem Sonderkündigungsrecht Gebrauch gemacht. Die Mieterin wehrt sich gegen diese Kündigung mit der Begründung, das einheitliche Mietverhältnis sei auf beide Erwerber übergegangen. Auch der zweite Käufer müsste daher kündigen.
DIE FOLGEN
Grundsätzlich gilt: Befindet sich der Mietgegenstand auf zwei verschiedenen Grundstücken – z.B. wenn eine Wohnung mit Garage vermietet wird – und werden die Grundstücke an zwei unterschiedliche Käufer veräußert, so geht das einheitliche Mietverhältnis nach dem Grundsatz „Kauf bricht nicht Miete“ (§ 566 BGB) auf beide Erwerber über. Diese sind als Vermietergemeinschaft Gesamtschuldner der Vermieterpflichten, die sich aus dem Mietvertrag ergeben. Um dieses vor allem für die Käufer unpraktikable Ergebnis zu vermeiden, legt der BGH den § 566 BGB eng aus: Die Regelung gilt nur, wenn es zu einem Wechsel des Eigentums an den Grundstücksflächen kommt, auf denen sich der Mietgegenstand befindet. Gemeinschaftsflächen, die der Mieter nur mitbenutzen darf, sind ohne vertragliche Vereinbarung nicht mitvermietet. § 566 BGB könne den Mieter nicht vor jedem erdenklichen Nachteil schützen, der sich für ihn durch den Verkauf des Mietobjekts ergibt, so der BGH. Hier war somit nur der Erwerber des Grundstücks, auf dem sich das Ladenlokal und die Lagerfläche befanden, Vermieter geworden.
WAS IST ZU TUN?
Werden Grundstücksflächen, die ein einheitliches Mietverhältnis betreffen, getrennt veräußert, so haben nicht nur die Mieter einen Nachteil. Auch die Erwerber gehen trotz dieser Entscheidung des BGH noch immer ein hohes Risiko ein. Denn selbst wenn ein Käufer „nur“ Grundstücksflächen erwirbt, auf denen der Mieter ein bloßes Mitbenutzungsrecht hat, kann diese Fläche mitvermietet sein – sofern es eine entsprechende mietvertragliche Vereinbarung gibt. Hierauf muss ein Erwerber im Rahmen seiner rechtlichen Due Diligence genauestens achten.
(Quelle: Immobilien Zeitung 9.1.2020, Ausgabe 1-2/2020)