Kaufpreis kann als Vergleichswert für den Grundstückswert dienen

05. September 2020

Muss der Wert eines Grundstücks per Vergleichswertverfahren ermittelt werden, kann auch der Kaufpreis für das Grundstück als Vergleichswert dienen, wenn es keine anderen Vergleichswerte gibt. (FG Düsseldorf, Urteil vom 26. Mai 2020, Az. 11 K 3447/19)

DER FALL
Ein Vater schenkte seiner Tochter 920.000 Euro für ein in dem Schenkungsvertrag genau bezeichnetes Grundstück mit Einfamilienhaus. Er und das Finanzamt gingen übereinstimmend davon aus, dass es sich dabei um eine mittelbare Grundstücksschenkung handelt. Streitig jedoch ist die Frage, wie der schenkungsteuerliche Wert der Immobilie zu ermitteln ist. Einig war man sich jedenfalls darin, dass § 182 Abs. 2 Nr. 3 BewG anwendbar ist, was zur Folge hat, dass der Wert nach dem Vergleichswertverfahren ermittelt werden muss. Da aber keine Vergleichswerte ermittelt wurden, legte der Vater das Sachwertverfahren zugrunde in Anwendbarkeit von § 182 Abs. 4 Nr. 1 BewG und ermittelte einen Wert von ca. 520.000 Euro. Dagegen hielt das Finanzamt den Kaufpreis für das nämliche Grundstück als „Vergleichswert“ für ausreichend und zog einen Grundbesitzwert von 920.000 Euro zur Schenkungsteuer heran.

DIE FOLGEN
Das Finanzgericht gab dem Finanzamt Recht: Für die Anwendbarkeit des Vergleichswertverfahrens kann auch nur der Kaufvertrag über das nämliche Grundstück herangezogen werden. Der Sinn und Zweck der Vorschrift ist die Ermittlung des gemeinen Werts. Ist der Kaufpreis höher als der gemeine Wert, kann der Steuerpflichtige gemäß § 198 BewG einen niedrigeren Grundstückswert nachweisen. Das Ergebnis des FG ist jedoch mit dem Wortlaut der angewendeten Vorschriften nicht zu begründen. Liegen keine Vergleichswerte vor, so verlangt das Gesetz zwingend die Anwendbarkeit des Sachwertverfahrens (§ 182 Abs. 4 Nr. 1 BewG). Der Preis, der für die eine Immobilie gezahlt worden ist, mag zwar der gemeine Wert sein, taugt aber nicht als Vergleichswert. Es ist eben nicht das gleiche, sondern dasselbe Grundstück. Dasselbe Grundstück lässt sich nicht vergleichen.

WAS IST ZU TUN?
Das Finanzgericht hat die Revision zum BFH zugelassen. Deshalb gilt: unbedingt Einspruch einlegen und die Revision abwarten, wenn man einen vergleichbaren Fall haben sollte. Zwar gibt es Stimmen in der Literatur, die mit Hinweis auf die ErbStH B 183 Abs. 2 den Vergleich mit dem nämlichen Grundstück zulassen wollen, sie verkennen meines Erachtens aber den Sinn des typisierenden Verfahrens: Der Kaufpreis einer Immobilie ist in der Regel eine höchst subjektive Bewertung und kann nicht den gesuchten objektiven Wert der Immobilie darstellen. Erst durch den Vergleich einer Reihe von vergleichbaren Immobilien bildet sich bei der Ermittlung eines Durchschnittspreises ein verobjektivierter Wert heraus, der nach dem Wortlaut des Gesetzes der Besteuerung zugrunde zu legen ist.

(Quelle: Immobilien Zeitung 20.8.2020, Ausgabe 34/2020)