Kein Einzelhandelsausschluss nur aufgrund der Verkaufsfläche

27. September 2017

In einem Bebauungsplan zum Schutz zentraler Versorgungsbereiche darf eine Einzelhandelsnutzung nicht nur mit Blick auf die Verkaufsfläche ausgeschlossen werden, es muss auch nach Anlagentyp differenziert werden. (OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 17. Mai 2017, Az. 2 K 51/15)

Der Fall
Die Antragstellerin wollte südlich von Bitterfeld ein Fachmarktzentrum mit zentren- und nahversorgungsrelevanten Hauptsortimenten entwickeln und hat dazu Grundstücke erworben, die in einem unbeplanten Innenbereich nach § 34 BauGB liegen. Die Gemeinde beschloss einen Bebauungsplan zum stadtplanerischen Schutz der Funktionsfähigkeit der Zentren, der diese Grundstücke überplant. Letztlich wurde so die sinnvolle Entwicklung des Fachmarktzentrums unmöglich. Die Antragstellerin wandte sich gegen den Bebauungsplan, weil sie um die wirtschaftliche Nutzbarkeit der Grundstücke fürchtete.

Die Folgen
Das OVG urteilte, dass einzelne Festsetzungen des Bebauungsplans mit höherrangigem Recht nicht vereinbar sind – was allerdings nicht dazu führt, dass der Plan insgesamt unwirksam wird. Das Gericht billigte grundsätzlich die materiellen Beschränkungswirkungen des Bebauungsplans, hielt aber die vorgesehene Ausnahme für Einzelhandelsbetriebe mit zentren- und nahversorgungsrelevanten Hauptsortimenten bis zu einer Verkaufsfläche von maximal 200 m² für unzulässig. Grund sei, dass es sich bei der Differenzierung zwischen Einzelhandelsbetrieben nach der Größe der Verkaufsfläche nicht um eine Differenzierung nach bestimmten Arten handele, wie gesetzlich gefordert. Ein Anlagentyp „Bitterfeld-Wolfener Nachbarschaftsladen“ kann nach Ansicht des Gerichts nicht als besonderer, in der sozialen und ökonomischen Realität in Bitterfeld-Wolfen tatsächlich vorkommender Anlagentyp (§ 1 Abs. 9 BauNVO) angesehen werden. Die Planungsfreiheit der Gemeinden ist dadurch begrenzt, dass sich die Differenzierung auf bestimmte Anlagentypen beziehen muss, die es in der sozialen und ökonomischen Realität bereits gibt.

Was ist zu tun?
Sollte sich ein Grundstückseigentümer durch das Aufstellen eines Bebauungsplans nach § 9 Abs. 2a BauGB in seinen Rechten beeinträchtigt sehen, so lohnt sich ggf. der Normenkontrollantrag. Zwar verdeutlicht das Gericht vorliegend, dass es nicht ausreicht, wenn die Wirtschaftlichkeit eines Vorhabens als Folge der Beschränkungen in einem Bebauungsplan bloß beeinträchtigt wird. Vielversprechender ist es daher, eine nur gebietsbezogene Kontingentierung der Verkaufsfläche in einem Bebauungsplan rechtlich genau zu prüfen. Einer Gemeinde ist es nicht gestattet, das System der vorhabenbezogenen Typisierung zu verlassen, indem sie Verkaufsflächenobergrenzen für alle in einem Sondergebiet ansässigen oder zulässigen Einzelhandelsbetriebe betriebsunabhängig festsetzt.

(Quelle: Immobilien Zeitung 14.9.2017, Ausgabe 37/2017)