Keine Erstattung von Anwaltskosten im Abwendungsvertrag

07. August 2017

Räumt der Eigentümer einer staatlichen Stelle ein Nutzungsrecht an seinem Grundstück ein, um eine sonst drohende Enteignung abzuwenden, hat er ohne ausdrückliche Regelung keinen Anspruch auf Ersatz von Rechtsanwaltskosten. (BGH, Urteil vom 8. Dezember 2016, Az. III ZR 407/15)

DER FALL
Das Grundstück des Klägers sollte zur Umsetzung eines förmlich beschlossenen Hochwasserschutzkonzepts in Anspruch genommen werden. Um eine sonst mögliche Enteignung abzuwenden, räumte der Kläger der zuständigen Behörde durch Vertrag ein entsprechendes Nutzungsrecht an dem Grundstück ein. Später verlangte er, dass ihm die Rechtsanwaltskosten erstattet werden, die ihm im Zusammenhang mit den Vertragsverhandlungen entstanden waren.

DIE FOLGEN
Der Schutz des privaten Eigentums gehört zu den Kernelementen unserer Rechts- und Wirtschaftsordnung. Nur unter engen Voraussetzungen kann der Staat privates Eigentum entziehen, wenn das zur Wahrung der Interessen der Allgemeinheit unumgänglich ist. An die Ausübung des Enteignungsrechts knüpfen das Grundgesetz und das einfache Gesetzesrecht hohe Anforderungen; sind die erfüllt, hat der Staat den betroffenen Eigentümer angemessen zu entschädigen und nach Maßgabe des § 121 BauGB auch die Kosten eines hinzugezogenen Rechtsanwalts zu erstatten. Im vorliegenden Fall wies der BGH die Klage des Eigentümers in letzter Instanz ab. Die Nutzungsvereinbarung zwischen ihm und der Behörde, die keine Regelung zur Erstattung von Rechtsberatungskosten enthielt, sei allein nach Maßgabe des bürgerlichen Rechts zu beurteilen, so die Richter. Eine entsprechende Anwendung der öffentlich-rechtlichen Regeln über die Kostenerstattung im förmlichen Enteignungsverfahren kommt nicht in Betracht.

WAS IST ZU TUN?
Zur Vermeidung langwieriger Enteignungsverfahren werden in der Praxis oft zivilrechtliche Kauf- oder Nutzungsverträge geschlossen. Die Behörden müssen sich sogar um einen „freihändigen“ Erwerb ernsthaft bemühen, bevor sie ein Enteignungsverfahren einleiten können (§ 87 BauGB). Diese Entscheidung zeigt allerdings, dass Betroffene beim Abschluss solcher Vereinbarungen vorsichtig sein müssen, damit sie nicht am Ende schlechter stehen als bei einem Enteignungsverfahren. Auch wenn der Vertragsschluss eindeutig durch die drohende Enteignung motiviert ist und dem Bürger nur die Wahl zwischen einer Einigung mit der Behörde oder zwangsweisem Entzug seines Eigentums bleibt, lehnt der BGH es ab, die gesetzlichen Kostenerstattungsansprüche auf den „freiwillig“ abgeschlossenen Vertrag anzuwenden. Die Begründung dafür ist juristisch nachvollziehbar, aus Sicht der Eigentümer aber unbefriedigend und kaum geeignet, einen Anreiz zum Abschluss der Abwendungsverträge zu schaffen. Betroffene Eigentümer müssen sich gleichwohl an der Rechtsauffassung des BGH orientieren und auf eine sorgfältige Formulierung von Abwendungsverträgen achten.

(Quelle: Immobilien Zeitung 20.7.2017, Ausgabe 29/2017)