Keine Methode zur Bewertung bei Kaufpreisaufteilung vorgegeben
Bei Immobilieneigentum im Privatvermögen gibt es für die Aufteilung eines Gesamtkaufpreises in den Boden- und Gebäudewert keine vorrangige Bewertungsmethode.
(BFH, Urteil vom 20. September 2022, Az. IX R 12/21)
Der Fall
Die Klägerin erwarb für ihr Privatvermögen eine Ferienwohnung, die stets an Gäste vermietet wurde, zu einem einheitlichen Gesamtkaufpreis. Im Zuge der Veranlagung stritten die Frau und die Finanzverwaltung über die richtige Bewertungsmethode für die Aufteilung des Kaufpreises auf Gebäude und Grund und Boden, die zur Ermittlung der Gebäude-AfA erforderlich ist. Trotz der Vorlage von Gutachten, die eine zutreffende Wertaufteilung in diesem Fall nur nach der Ertragswertmethode nachwiesen, entschieden Finanzverwaltung und Finanzgericht, dass nur die – in früheren Entscheidungen des BFH nahegelegte – Sachwertmethode richtig sei. Hiergegen wandte sich die Eigentümerin im Revisionsverfahren. Der BFH entschied nun neu und rückte dabei teilweise von der älteren Rechtsprechung ab.
Die Folgen
Fehlen Kaufvertragsregelungen oder sind sie unplausibel, sind für die Kaufpreisaufteilung grundsätzlich Boden- und Gebäudewert separat zu ermitteln. Dann müssen die gesamten Anschaffungskosten in diesem Verhältnis auf Boden und Gebäude verteilt werden. Für die Kaufpreisaufteilung bei Anschaffungen im Privatvermögen entschied der BFH nun, dass keine Bewertungsmethode für bestimmte Gebäudearten generell zu bevorzugen ist. Vielmehr sind die jetzt in § 6 der Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) genannten Vergleichswert-, Ertragswert- und Sachwertverfahren – und eventuell weitere – grundsätzlich gleichwertig. Im jeweiligen Einzelfall ist anhand der tatsächlichen Gegebenheiten zu begründen, welche die angemessene Methode ist. Der BFH legt hierzu die bisher entwickelten Grundsätze dar. Kriterien könnten unter anderem sein, ob die langfristige Wertsteigerung oder die laufende Rendite im Vordergrund steht. Allein die Restwertmethode, ein „Abzug“ der Bodenwerte vom Gesamtkaufpreis, bleibt unzulässig.
Was ist zu tun?
Die Bewertung von Wirtschaftsgütern ist und bleibt ein streitanfälliges Thema. Für Anschaffungen von Grundstücken im Privatvermögen hat der BFH die bisher oft angenommene Typisierung der Bewertungsmethoden für bestimmte Objekte verworfen. Dies auch unter Hinweis auf Erfahrungen mit dem Wandel der wirtschaftlichen Grundannahmen, die den Investitionen zugrunde liegen. Das eröffnet zum einen den Steuerpflichtigen die Möglichkeit, in offenen Verfahren zu prüfen, ob nicht doch eine andere als die bisher angewandte Bewertungsmethode angemessener und vorteilhafter ist. Zum anderen mag sich nun auch aus der Sicht der Finanzverwaltung die Diskussion stärker auf die Begründung der jeweils anzuwendenden Bewertungsmethode verlagern.
(Quelle: K&L Gates, Rechtsanwalt Rainer Schmitt von K&L Gates in Immobilien Zeitung 9.2.2023, Ausgabe 6/2023)