Keine Mieterhöhung bei Ersatz alter, aber intakter Bauteile
Erneuern Vermieter alte, aber noch funktionstüchtige Bauteile, können sie nicht die vollen Kosten auf den Mieter überwälzen. Der Anteil der Instandsetzungskosten muss bei einer Mieterhöhung herausgerechnet werden. (BGH, Urteil vom 17. Juni 2020, Az. VIII ZR 81/19)
Der Fall
Eine Mieterin verklagte ihren Vermieter. Der forderte eine Mieterhöhung um 430 Euro u.a. aufgrund verschiedener Maßnahmen, die er als Modernisierung qualifizierte: Umstellung der Heizung von Gastherme auf Fernwärme, Erneuerung der 60 Jahre alten Eingangstür zur Wohnung, der Treppenhausfenster sowie der Haustüren nebst Briefkastenanlage. Das AG hielt die Mieterhöhungserklärung für vollständig unwirksam, das LG nur den auf die Heizung bezogenen Teil. Der BGH hielt in seinem Urteil fest, dass eine Modernisierungsmieterhöhung aufgeteilt werden kann. Zugleich hat er seine Rechtsprechung zur Kürzung der Modernisierungskosten in mieterfreundlicher Weise ausgedehnt.
Die Folgen
Meist wird ein ganzes Bündel von Modernisierungsmaßnahmen ausgeführt und deshalb auch dem Mieter gegenüber in einer einheitlichen Mieterhöhungserklärung abgerechnet. Bei jeder Einzelmaßnahme kann streitig werden, ob sie als mieterhöhende Modernisierung zu werten ist oder als Instandsetzung, deren Kosten der Vermieter trägt. Ordnet der Vermieter einzelne Positionen falsch zu, bringt das die Mieterhöhung nicht vollständig zu Fall, sondern lässt den Rest der Erklärung juristisch wirksam. Dazu müssen die einzelnen Positionen aber so klar aufgeteilt sein, dass der Mieter das richtige Ergebnis leicht errechnen kann. Nach § 559 Abs. 2 BGB muss von den Modernisierungskosten ein etwaiger „Instandsetzungsanteil“ abgezogen werden. Laut BGH betrifft dieser Abzug anders als bisher nicht nur die Kosten fälliger Instandsetzungen, sondern auch fiktive Instandsetzungskosten von alten, aber voll funktionsfähigen Bauteilen.
Was ist zu tun?
Vermieter bleiben gut beraten, ihre Mieterhöhungserklärung klar nach den einzelnen Maßnahmen zu gliedern. Für Mieter bietet das Urteil eine neues Argument gegen Modernisierungsmieterhöhungen, denn der BGH nimmt zusätzliche Kostengruppen aus der „modernisierenden Instandsetzung“ heraus, die zur Mieterhöhung berechtigt: nämlich diejenigen Bauteile, die zu einem Zeitpunkt ersetzt werden, an dem ihre durchschnittliche Lebensdauer schon zum erheblichen Teil abgelaufen sein soll. Das gilt auch, wenn Maßnahmen zur Erhaltung noch nicht fällig wären, weil die Bauteile noch funktionsfähig und mangelfrei sind. Diese, wohl durch den extremen Ausgangsfall motivierte Rechtsprechungsänderung erlaubt Mietern künftig, missliebige Modernisierungsmieterhöhungen kleinzurechnen. Das ist das Gegenteil von Rechtssicherheit und könnte dazu führen, dass Vermieter vorbeugende Investitionen in den deutschen Wohnungsbestand zukünftig unterlassen.
(Quelle: Immobilien Zeitung 24.9.2020, Ausgabe 39/2020)