Keine Mietminderung wegen lauter und schmutziger Baustelle

08. September 2020

Lärm und Schmutz, die von einer benachbarten Baustelle ausgehen, sind in der Regel kein Mangel, der zur Mietminderung berechtigt. (BGH, Urteil vom 29. April 2020, Az. VIII ZR 31/18)

DER FALL
Ein Mieter minderte wegen einer Baustelle auf dem Nachbargrundstück und dem dadurch verursachten Lärm sowie den Staub- und Schmutzbelastungen die Miete um 10%. Daraufhin verklagte der Vermieter ihn auf Zahlung der restlichen Miete. Das Amtsgericht gab der Klage des Vermieters statt. In der Berufungsinstanz wies das Landgericht die Klage indes ab, sodass der Vermieter Revision einlegte. Die Revision hatte Erfolg und führte zur Aufhebung des zweitinstanzlichen Urteils.

DIE FOLGEN
Nach Auffassung des BGH sind Geräusch- und Schmutzimmissionen, die von einer benachbarten Baustelle ausgehen, nicht automatisch ein Mietmangel, der zur Mietminderung berechtigt. Damit der Mieter die Miete mindern kann, müssen die Mietvertragsparteien in einer Beschaffenheitsvereinbarung ausdrücklich festgehalten haben, dass die Wohnung vor Baustellenlärm geschützt wird. Weiterhin ist eine Mietminderung ausgeschlossen, wenn der Vermieter selbst die Immissionen hinnehmen muss, ohne eigene Abwehr- oder Entschädigungsmöglichkeit nach § 906 BGB zu haben. Ob Lärm-, Staub- und Schmutzbelastungen eine Mietminderung rechtfertigen, ist im Übrigen aufgrund der Objektbezogenheit stets anhand des konkreten Einzelfalls zu beantworten. Der einzelne Mieter muss darlegen, dass die Immissionen die Gebrauchstauglichkeit der Wohnung unmittelbar beeinträchtigen. Er trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass es sich um wesentliche Einflüsse im Sinne des § 906 Abs. 1 Satz 1 BGB handelt.

WAS IST ZU TUN?
In diesem Grundsatzurteil zur Baulückenschließung und deren Einflüsse auf benachbarte Mietverhältnisse kommt der BGH zum Ergebnis, dass Vermieter nicht einseitig das Risiko von lärmintensiven Nutzungsänderungen auf Nachbargrundstücken tragen müssen. Vielmehr wird ein Ausgleich zwischen den Rechten der Mieter und der Vermieter hergestellt. In Zukunft werden Mietminderungen nur noch in besonderen Fällen berechtigt sein. Dies ist zu begrüßen, da Baulückenschließungen aufgrund des Bauplatzmangels vermehrt vorgenommen werden. Die daraus resultierenden Beeinträchtigungen sind nicht einseitig auf die Vermieter abzuwälzen. Auch für die Bauherren hat die Entscheidung des BGH Grundsatzbedeutung: Insbesondere solange sie nachweisen können, dass Vorschriften zum Baulärm eingehalten werden, können sie einem Verlangen nach einer Übernahme von Mietminderungen – insbesondere im Rahmen des Abschlusses von Nachbarschaftsvereinbarungen – das Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs entgegenhalten.

(Quelle: Immobilien Zeitung 13.8.2020, Ausgabe 33/2020)