Kündigungsschutz nur für marktübliche Mietverträge

08. September 2020

Wird eine Wohnung zu karitativen Zwecken weitervermietet, hat der Untermieter keinen Kündigungsschutz – bei einer gewerblichen Weitervermietung dagegen schon. (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 10. Januar 2020, Az. 1 BvR 2130/18)

DER FALL
Eine karitative Gesellschaft hatte Wohnungen gemietet, um diese an bedürftige Personen unterzuvermieten. Ein wirtschaftliches Eigeninteresse hatte sie dabei nicht. Die Immobilie wurde verkauft, und der Erwerber kündigte den Hauptmietvertrag und verklagte die Untermieter auf Räumung. Nach Ansicht der mit dem Fall befassten Zivilgerichte konnten sich die Untermieter nicht auf den Kündigungsschutz des Wohnungsmietrechts berufen. Damit wollte sich einer der Untermieter nicht abfinden und erhob Verfassungsbeschwerde. Der allgemeine Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG sei verletzt, weil ihm ohne sachlichen Grund der Kündigungsschutz abgeschnitten werde, der für Wohnungsmieter gilt.

DIE FOLGEN
Das Bundesverfassungsgericht nahm die Beschwerde nicht zur Entscheidung an. Zwar war das Gericht noch 1991 der Ansicht, dass der generelle Ausschluss des Kündigungsschutzes für Untermieter gegen den Gleichheitsgrundsatz verstößt. Aber dies gilt nur, wenn die Weitervermietung zu gewerblichen Zwecken erfolgt, also im eigenen wirtschaftlichen Interesse des Zwischenmieters. Der damaligen Entscheidung lässt sich entnehmen, dass es dem Gericht vor allem auf die wirtschaftlichen Konditionen des Untermietvertrags ankam. Ist der Vertrag im Wesentlichen marktüblich, hätte der Vermieter ihn im Zweifel auch selbst so abgeschlossen. Dann ist kein hinreichender sachlicher Grund ersichtlich, dem Untermieter den Kündigungsschutz abzuschneiden. Erfolgt die Untervermietung dagegen zu rein karitativen Zwecken, fehlt es an dieser Vergleichbarkeit. Ein Übergang des Untermietverhältnisses auf den Vermieter hieße dann, diesem mit dem Untermietvertrag auch die karitativen Ziele des Zwischenmieters aufzudrängen. Diese ältere Entscheidung setzte der Gesetzgeber mit dem 1993 eingefügten § 565 BGB um, den das Verfassungsgericht nun als verfassungsmäßig bestätigt hat.

WAS IST ZU TUN?
Die Entscheidung zeigt exemplarisch das Paradoxon des § 565 BGB auf: Nur wer eine Wohnung von einem gewerblichen Zwischenmieter mietet, genießt den Kündigungsschutz, Untermieter gemeinnütziger Träger, die oft besonders schutzbedürftig sind, hingegen nicht. Das ist indes nicht zwingend. Der Vermieter und der gemeinnützige Zwischenmieter können sehr wohl auch andere Regelungen vereinbaren, beispielsweise einen dem Wohnungsmietrecht entsprechenden Kündigungsschutz. Jedenfalls aber sollte der Hauptmietvertrag hinreichend lange Kündigungsfristen vorsehen, damit der gemeinnützige Zwischenmieter im Kündigungsfall genügend Zeit hat, anderweitig Wohnraum für die von ihm betreuten Menschen zu finden.

(Quelle: Immobilien Zeitung 3.9.2020, Ausgabe 36/2020)