Lügt der Vermieter, darf der Mieter außerordentlich kündigen
Beabsichtigt der Vermieter, eine unzutreffende Betriebskostenabrechnung mit falschen Angaben zu rechtfertigen, kann der Mieter ohne vorherige Abmahnung außerordentlich kündigen. (BGH, Urteil vom 6. Oktober 2021)
Der Fall
Vermieter und Mieter waren über einen Gewerberaummietvertrag miteinander verbunden. Bei der Betriebskostenabrechnung legte der Vermieter Brandwachen um, die erforderlich waren, da die Brandmeldeanlage im Gebäude aufgrund eines Mangels außer Funktion war. Nachdem der Vermieter trotz entsprechender Rügen des Mieters auf der Umlage der Kosten beharrte, kündigte der Mieter das Mietverhältnis außerordentlich und fristlos. Der Vermieter hat nach der Kündigung in einem Prozess mit dem Mieter gelogen, dass die Brandwachen nur wegen einer entsprechenden Forderung der Behörden und nicht aufgrund der defekten Brandmeldeanlage eingesetzt worden waren.
Die Folgen
Anders als die Vorinstanz hält der BGH es für möglich, dass die außerordentliche Kündigung aufgrund des wahrheitswidrigen Vorgehens des Vermieters wirksam ist. Da der Sachverhalt weiter aufzuklären ist, hat er das Berufungsurteil aufgehoben und den Rechtsstreit an das KG zurückverwiesen. Vermögensdelikte des Vermieters zulasten des Mieters sind nach Auffassung des BGH immer ein Grund, der zur außerordentlichen Kündigung berechtigt. Dies gilt auch für bewusst falsche Angaben im Rahmen einer Betriebskostenabrechnung. Eine Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Mietvertrags, und damit die Kündigungsberechtigung, soll sich auch daraus ergeben können, dass der Vermieter trotz entsprechender Vorhalte des Mieters in nicht mehr vertretbarer Weise darauf beharrt, dass nicht umlagefähige Kosten abrechenbar sind. Grundsätzlich ist vor einer Kündigung eine Abmahnung erforderlich. Dies soll nicht mehr nötig sein, wenn das Verhalten des Vermieters erkennen lässt, er werde ggf. auch mit falschen Angaben in einem Gerichtsverfahren seine nicht bestehenden Ansprüche durchzusetzen versuchen.
Was ist zu tun?
Die tägliche Praxis lehrt im Zusammenhang mit den Betriebskosten, dass viel- fach die Abrechnungen nicht mit der notwendigen Sorgfalt erstellt werden. Dies beginnt bereits mit der Einstellung von Betriebskostenpositionen in die Abrechnungen, die der Mietvertrag nicht als umlagefähig vorsieht und die damit gemäß § 535 Abs. 1 Satz 3 BGB vom Vermieter zu tragen sind. Es setzt sich fort mit der Abrechnung von Kosten, die ersichtlich nicht der jeweiligen Umlageposition zugeordnet werden können, oder mit der doppelten Abrechnung von Positionen, etwa den Verwaltungskosten. Schließlich ist immer wieder zu beobachten, dass die Flächenumlageschlüssel bewusst unzutreffend ermittelt und umgesetzt werden. Die Entscheidung des BGH zeigt, wie gefährlich solche Verhaltensweisen für den Vermieter werden können.
(Quelle: Immobilien Zeitung 2.12.2021, Ausgabe 48/2021)