Mieterabfindungen bei Renovierung sind Werbungskosten

23. Februar 2023

Abfindungen, die ein Erwerber den bisherigen Mietern zahlt, damit sie die Wohnungen vorzeitig räumen, um umfassende Renovierungsarbeiten durchführen zu können, sind sofort abzugsfähige Werbungskosten.
(BFH, Urteil vom 20. September 2022, Az. IX R 29/21)

Der Fall
Die Klägerin erwarb im Jahr 2016 eine denkmalgeschützte Immobilie mit vier Wohnungen, die sie in den folgenden zwei Jahren komplett sanierte. Um die Arbeiten zügig durchführen zu können, räumten die bisherigen Mieter die Wohnungen und erhielten im Gegenzug eine Abfindung in Höhe von insgesamt 35.000 Euro. Die Frage, wie diese Entschädigungszahlung steuerlich behandelt wird, führte zum Streit zwischen der Eigentümerin und der Finanzverwaltung. Die Klägerin war der Auffassung, dass diese Kosten im Jahr der Zahlung die Steuerlast in vollem Umfang minderten. Das Finanzamt behandelte die Abfindung hingegen als anschaffungsnahe Herstellungskosten. Denn unter Einbeziehung der weiteren Renovierungskosten war die im Gesetz genannte 15%-Grenze in Bezug auf die Anschaffungskosten des Gebäudes überschritten. Als Folge wären die Kosten nur verteilt über die gewöhnliche Nutzungsdauer im Wege der Abschreibung steuermindernd abziehbar.

Die Folgen
Das Finanzgericht schloss sich in erster Instanz der Meinung des Finanzamts an und versagte den sofortigen Kostenabzug. Der Bundesfinanzhof hingegen gelangte zu einem anderen Ergebnis. Er gab der Klägerin Recht. Auch wenn der Begriff der Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen zur Vermeidung von Abgrenzungsschwierigkeiten im Grundsatz weit zu verstehen ist, sind Maßnahmen zur Aufhebung bestehender Mietverhältnisse nicht Teil der Modernisierung der Gebäudesubstanz, so der BFH. Eine Abfindung, die für die vorzeitige Kündigung des Mietvertrags und die Räumung der Wohnung an den Mieter gezahlt wird, um das Gebäude umfangreich renovieren zu können, gehört danach zu den sofort abziehbaren Kosten.

Was ist zu tun?
Bei Abfindungen an Mieter ist zu unterscheiden, ob das Gebäude renoviert wird oder ob es abgerissen wird, um auf dem Grundstück ein neues Gebäude zu errichten. In letzterem Fall gehören die Aufwendungen für den Abriss des vorhandenen Gebäudes zu den Herstellungskosten des Neubaus und können nicht sofort steuermindernd abgezogen werden. Zu den Abrisskosten zählen auch Abfindungszahlungen an Mieter. Hingegen sind Abfindungen, die der Vermieter seinen Mietern zahlt, damit sie den Mietvertrag vorzeitig beenden, bei der Renovierung eines Gebäudes innerhalb von drei Jahren ab dem Erwerb nicht abzugsbeschränkt. Sie rechnen nicht zu den anschaffungsnahen Herstellungskosten und können im Jahr der Zahlung steuermindernd abgezogen werden.

(Quelle: Euprax Urheber: Oliver Rehbinder, Steuerberater Jens Krall von Euprax in Immobilien Zeitung 16.2.2023, Ausgabe 7/2023)