Mieterforderungen rechtfertigen kein Zurückbehalten der Mietsache

21. Juli 2020

Fordert der Vermieter die Rückgabe der Mietsache, haben weder der Mieter noch ein Dritter, etwa ein Untermieter, das Recht, die Immobilie zurückzubehalten. (OLG Koblenz, Urteil vom 23. April 2020, Az. 1 U 1852/19)

Der Fall
Die Parteien schlossen 2008 einen auf zehn Jahre befristeten privatschriftlichen Pachtvertrag. Der Vertrag enthielt ein Ankaufsrecht der Pächter und regelte die Pflichten bei Rückgabe der Pachtsache. Nachdem die Pachtzahlung ausblieb, verlangte die Verpächterin Räumung und Herausgabe, hilfsweise kündigte sie das Pachtverhältnis. Die Pächter behaupten, während der Pachtzeit insgesamt über 70.000 Euro in die Immobilie investiert zu haben. Sie wollten diese Summe mit den ausstehenden Pachtforderungen aufrechnen und die Immobilie zurückbehalten. Die Verpächterin klagte auf Räumung und Herausgabe und war damit in der ersten Instanz erfolgreich. Das OLG bestätigte das Urteil der Vorinstanz.

Die Folgen
Im Kern sind beide Urteile richtig, denn sie beruhen auf einer eindeutigen, wenn auch wenig bekannten Norm: § 570 BGB. Danach hat der Vermieter einen Rückgabeanspruch, dem Mieter steht kein Zurückbehaltungsrecht zu. Dieser sogenannte Zurückbehaltungsausschluss gilt bei Wohnungsmiete, bei gewerblicher Miete und bei Pacht. Er beruht darauf, dass der Mieter seine eigenen, meist unbedeutenden Ansprüche missbrauchen könnte. Dann wäre der Vermieter gezwungen, ungerechtfertigte Forderungen anzuerkennen, um nur die Mietsache schnell zurückzuerhalten. Diese Überlegung gilt nach dem Urteil nicht nur gegenüber dem Mieter als Rückgabeverpflichtetem, sondern gegenüber allen Personen, die aufgrund der vertraglichen Regelung des § 546 BGB ebenfalls zur Rückgabe verpflichtet sind, beispielsweise ein Untermieter. Jedoch sind die Urteile kritikwürdig. Denn das Ankaufsrecht war nicht notariell beurkundet, und die Frage, ob der Pachtvertrag deshalb insgesamt nichtig war, ist nicht hinreichend abgehandelt worden. Wäre das der Fall, wäre die Rückgabepflicht nämlich nicht aufgrund des Pachtvertrags, sondern aufgrund Gesetzes begründet gewesen. Und bei einem nur gesetzlich begründeten Herausgabeanspruch kann das Zurückbehaltungsrecht gerade nicht ausgeschlossen werden.

Was ist zu tun?
Wenn der Pächter oder Mieter während der Vertragslaufzeit umfangreiche Verbesserungen auf seine Kosten durchführen soll, ist es keine gute Lösung, das Zurückbehaltungsrecht gemäß § 570 BGB auszuschließen. Diese gesetzliche Regelung kann aber durch eine andere Vereinbarung ersetzt werden, sodass die Parteien gut beraten sind, eine abweichende vertragliche Regelung zu treffen. Ist dies versäumt worden, kann der Mieter nur dann Druck über ein Zurückbehaltungsrecht aufbauen, wenn er nachträglich Mängel im Mietvertrag findet, die dazu führen, dass er nichtig ist.

(Quelle: Immobilien Zeitung 29/2020, Ausgabe 16.7.2020)