Mietspiegel hat mehr Aussagekraft als Vergleichswohnungen

20. Mai 2016

Wird ein Mieterhöhungsverlangen mit drei Vergleichswohnungen im selben Mietobjekt begründet, ist es in der Regel äußerst unwahrscheinlich, dass diese die ortsübliche Vergleichsmiete widerspiegeln. Der im Mietspiegel abgebildete Querschnitt stellt eine bessere Informationsquelle dar. (LG Nürnberg-Fürth, Beschluss vom 7. Oktober 2015, Az. 7 S 1731/15)

DER FALL
Ein Vermieter verlangt in Schwabach eine Mieterhöhung auf die ortsübliche Vergleichsmiete. Zulässig beruft er sich auf drei Vergleichswohnungen. Der Mieter widerspricht unter Hinweis auf den einfachen Mietspiegel. Das AG weigert sich auf die Klage des Vermieters, den angebotenen Sachverständigenbeweis zu erheben. Die gegen das klageabweisende Urteil eingelegte Berufung hat keinen Erfolg, weil auch das LG keinen Beweis erheben will und stattdessen die ortsübliche Vergleichsmiete auf Grundlage des einfachen Mietspiegels schätzt.

DIE FOLGEN
Wenn ein Vermieter die hohen formalen Hürden einer Mieterhöhungserklärung genommen hat, kann ein Mieterwiderspruch die rechtliche Latte noch höher legen: Im gerichtlichen Streit muss der Vermieter die Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete förmlich beweisen. Liegt ein qualifizierter Mietspiegel vor, so gilt aufgrund der entsprechenden gesetzlichen Vermutung dessen Inhalt bis zum Beweis des Gegenteils als richtig. Für einfache Mietspiegel, die nicht nach wissenschaftlichen Erkenntnissen erstellt, sondern nur zwischen Interessengruppen „ausgehandelt“ werden, gilt dies gerade nicht, sie sind keine formellen Beweismittel. Für derartige Fälle sieht die ZPO den Sachverständigenbeweis vor.

WAS IST ZU TUN?
Vermieter müssen damit rechnen, dass Untergerichte im Streit über eine Mieterhöhung die ortsübliche Vergleichsmiete nicht mehr in einem formellen Beweisverfahren ermitteln, sondern dass die Mietrichter die ortsübliche Vergleichsmiete und damit auch die Höhe der Mieterhöhung schlichtweg schätzen. Der Nürnberger Beschluss liegt insofern auf einer Linie z.B. mit der Rechtsprechung einer Berliner Mietberufungskammer. Die für diesen kurzen Prozess angeführte BGH-Entscheidung (Urteil vom 20. April 2005, Az. VIII ZR 110/04) trägt diese irritierende Verfahrensweise nicht. Streitig war dort allein die Einordnung der Wohnung in die von einem qualifizierten Mietspiegel eröffnete Preisspanne. Für diese Einordnung erlaubte der BGH die richterliche Schätzung anhand der amtlichen Orientierungshilfe zum qualifizierten Mietspiegel. Eine Erstreckung dieser Fallkonstellation auf einfache Mietspiegel ist nicht möglich. Das hätte im Nürnberger Fall auch deshalb augenfällig sein sollen, weil der zugrunde gelegte einfache Mietspiegel bereits 14 Jahre alt war: er wurde 2001 erstellt und für die Jahre 2004, 2008 und 2012 jeweils ohne erneute Datenerhebung lediglich fortgeschrieben. Vermietern kann nur geraten werden, auch künftig auf Sachverständigengutachten zu bestehen und widrigenfalls die Prozesse in höhere Instanzen zu treiben.

(Quelle: Immobilien Zeitung 12.5.2016, Ausgabe 19/2016)