Nur mit Behauptungen lässt sich kein Bebauungsplan kippen
Bei der Abwägungsentscheidung im Rahmen der Aufstellung eines Bebauungsplans müssen keine vagen und unrealistischen Erwägungen berücksichtigt werden.
(OVG NRW, Urteil vom 19. August 2022, Az. 10 D 9/20.NE)
Der Fall
Um Wohnraum zu schaffen, stellte eine Gemeinde einen Bebauungsplan auf. Dagegen wendet sich ein Grundstückseigentümer mit einem Normenkontrollverfahren. Seine gewerblich genutzten Grundstücke liegen innerhalb des Plangebiets in einem Gewerbegebiet. Der Bebauungsplan setzt ganz überwiegend ein allgemeines Wohngebiet, in Angrenzung zu den Grundstücken des Antragstellers jedoch ein Mischgebiet fest. Der Antragsteller beruft sich unter anderem auf Abwägungsmängel: Zum einen seien neue immissionsschutzrechtliche Konfliktmöglichkeiten nicht berücksichtigt worden, da zu den Immissionen aus dem Gewerbegebiet nun auch solche aus dem neu festgesetzten Mischgebiet hinzutreten könnten. Zum anderen sei den Betrieben die Entwicklungsmöglichkeit durch Verlagerung lärmverursachender Betriebsabläufe genommen worden, meint er.
Die Folgen
Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen erklärt den Bebauungsplan zwar für unwirksam, lehnte aber Abwägungsmängel ab. Die Einwände des Antragstellers sind vage und fernliegend, meint das Gericht. Im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses hatte der Rat keine konkreten Kenntnisse über künftige störende gewerbliche Nutzungen im Mischgebiet. Sollte in Zukunft dennoch die Ansiedlung eines Gewerbebetriebs im Mischgebiet vorgesehen sein, so könnten entsprechende immissionsschutzrechtliche Konflikte im konkreten Baugenehmigungsverfahren gelöst werden. Auch die geltend gemachte Verlagerung der lärmverursachenden Betriebsabläufe ist vage und unrealistisch dargelegt worden. Zudem besteht die Gefahr dahingehender betriebseinschränkender Anordnungen nicht, da die Betriebe schon mehrere Jahrzehnte ohne Beanstandung neben der bereits vorhandenen Wohnbebauung existieren.
Was ist zu tun?
Nach § 1 Abs. 7 BauGB sind bei der Aufstellung von Bebauungsplänen die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Das Abwägungsgebot ist unter anderem dann verletzt, wenn in die Abwägung Belange nicht eingestellt werden, die nach Lage der Dinge hätten eingestellt werden müssen. Zwar ist ein maßgeblicher privater Belang der Erhalt bestehender baulicher Nutzungsrechte. In die Abwägung müssen aber nur solche Faktoren einfließen, die diese zum Zeitpunkt der Abwägung realistischerweise bedrohen. Reine Behauptungen ins Blaue hinein genügen hier nicht. Es empfiehlt sich daher, möglichst konkrete Angaben im Beteiligungsverfahren zu machen, damit sie Einzug in das Abwägungsmaterial finden.
(Quelle: Immobilien Zeitung 20.10.2022, Ausgabe 42/2022)