Ohne Rücknahmewille keine Nutzungsentschädigung

04. September 2017

Ein Vermieter hat nur dann Anspruch auf eine Nutzungsentschädigung, wenn der Mieter ihm die Mietsache gegen seinen Willen vorenthält. Geht der Vermieter davon aus, dass das Mietverhältnis fortbesteht, fehlt es an diesem Rückerlangungswillen. (BGH, Urteil vom 12. Juli 2017, Az. VIII ZR 214/16)

Der Fall
Zwischen dem Kläger als Vermieter und dem Beklagten als Mieter bestand ein Mietvertrag über eine Dreizimmerwohnung. Der Beklagte und seine Ehefrau wohnten zunächst gemeinsam dort. Später zog der Beklagte aus und übergab sämtliche Schlüssel der Ehefrau. Er ließ sich von seiner Ehefrau scheiden und kündigte das Mietverhältnis mit der gesetzlichen Frist. Der Kläger akzeptierte die Kündigung durch den Beklagten allein nicht und hielt diese für unwirksam. Er klagte nach Ablauf der Kündigungsfrist ausstehende Mieten ein und hilfsweise eine zukünftige Nutzungsentschädigung nach § 546 BGB bis zur Räumung.

Die Folgen
Der Vermieter hat keinen Anspruch auf die Nutzungsentschädigung. Die Kündigung war wirksam, das Mietverhältnis beendet. Der Beklagte konnte ohne die Zustimmung seiner Exfrau den Mietvertrag kündigen, weil er laut Vertrag alleiniger Mieter war. Dass er die Wohnung seiner Exfrau überlassen hat, ändert nichts an seiner Kündigungsbefugnis. Der Vermieter hat nur dann einen Anspruch auf Nutzungsentschädigung, wenn ihm die Mietsache vorenthalten wird, d.h. der Mieter die Mietsache nicht zurückgibt und dieses Unterlassen dem Willen des Vermieters widerspricht. Beide Voraussetzungen müssen kumulativ erfüllt sein. Hier fehlte es am Rückerlangungswillen des Vermieters, weil er davon ausging, dass das Mietverhältnis fortbesteht. Er hat deshalb keine Räumung verlangt und hatte keinen Rücknahmewillen. Der Beklagte hat die Wohnung dem Kläger auch nicht vorenthalten. Auf die Frage, ob er die Wohnung überhaupt hätte herausgeben können, obwohl seine Exfrau dort noch wohnte, kommt es nicht an. Der Kläger kann seinen Anspruch auf Nutzungsentschädigung auch nicht auf ungerechtfertigte Bereicherung stützen (§§ 812 Abs. 1, 818 Abs. 2 BGB), denn der Beklagte ist nicht bereichert. Er wohnte nicht mehr in der Wohnung und hatte keinen Zugang zu ihr. Zwar könnte er bereichert sein, wenn er sich z.B. Unterhaltszahlungen hierdurch erspart hätte, aber dazu war nichts vorgetragen worden. Mit dem Bereicherungsanspruch sollen nur solche Fälle ausgeglichen werden, bei denen eine Partei rechtsgrundlos auf Kosten der anderen einen Vermögenszuwachs erfahren hat.

Was ist zu tun?
Hat ein Mieter möglicherweise ungerechtfertigt gekündigt, sollte der Vermieter sich nicht darauf beschränken, nur die Mietzahlung zu verlangen, sondern auch die Wirksamkeit der Kündigung prüfen lassen. Er sollte im Zweifelsfall vom Mieter hilfsweise die Herausgabe der gekündigten Mieträume verlangen. Stellt sich später heraus, dass die Kündigung wirksam war, kann er so wenigstens eine Nutzungsentschädigung fordern.

(Quelle: Immobilien Zeitung 31.8.2017, Ausgabe 35/2017)