Parkplatz mit zu viel Rangierbedarf ist mangelhaft
Baurecht. Die Zufahrt zu Tiefgaragenstellplätzen ist mangelhaft, wenn durchschnittliche Nutzer die Garage nur unter erheblicher Anstoßgefahr nutzen können. Dies ist der Fall, wenn Parkvorgänge bis zu sieben Rangierzüge bei Unterschreitung der Sicherheitsabstände erfordern.
LG Berlin, Urteil vom 16. Juli 2014, Az. 29 O 285/11, (Quelle: Immobilien Zeitung, Nr. 35, 04.09.2014, Seite 12)
DER FALL
Ein Bauträger errichtet ein Mehrfamilienhaus nebst Tiefgarage, die über einen Autoaufzug zu erreichen ist. Da sich die Zufahrt zwischen Aufzug und Stellplätzen als schwierig erweist, fordern zwei Wohnungskäufer Mangelbeseitigung. Der Bauträger beruft sich auf die Einhaltung der anerkannten Regeln der Technik.
DIE FOLGEN
Das Gericht verurteilt den Bauträger zur Mangelbeseitigung. Auf die streitige Einhaltung der anerkannten Regeln der Technik allein kommt es nicht an. Die Tiefgaragensituation ist mangelhaft, da die Funktionstauglichkeit des Werks als Bestandteil der vereinbarten Beschaffenheit nicht gegeben ist. Der vertragsgemäße Gebrauch setzt voraus, dass ein Stellplatz von einem durchschnittlich fahrgewandten Autofahrer mit einem gängigen Pkw gefahrlos genutzt werden kann. Ein gerichtlich bestellter Sachverständiger hat hierzu Fahrversuche und Schleppkurvenuntersuchungen durchgeführt. Im Ergebnis wurden für die Parkvorgänge bis zu sieben Rangierzüge bei mehrfacher Unterschreitung der seitlichen Sicherheitsabstände benötigt. Dieser erhöhte Rangieraufwand sei nach dem Sachverständigen nicht mehr zumutbar. Darüber hinaus kommt es nach dem Gericht auch darauf an, welches Maß an Konzentration aufgewendet werden muss, um ohne Anstoß ein- und auszuparken. Täglich eindrucksvolle Millimeterarbeit leisten zu müssen, entspricht nicht den berechtigten Erwartungen eines Wohnungskäufers. Dieser darf davon ausgehen, dass die Ein- und Ausfahrt zum Stellplatz ihrem Zweck für einen durchschnittlichen Autofahrer gerecht wird.
WAS IST ZU TUN?
Wie der Bauträger den Mangel beheben soll, lässt das Gericht offen, da die Festlegung der geeigneten Mangelbeseitigung Sache des Bauträgers ist. Die vom Sachverständigen präferierte Aufzugsverbreiterung ist nur mit erheblichen Eingriffen in die Gebäudesubstanz zu bewerkstelligen. Dennoch kann sich der Bauträger nicht auf die Unzumutbarkeit der Mangelbeseitigung berufen, da nicht erkennbar ist, dass einem objektiv geringen Interesse des Erwerbers an einer ordnungsgemäßen Vertragsleistung ein ganz erheblicher und deshalb vergleichsweise unangemessener Aufwand gegenübersteht. Jedem Bauträger kann daher nur geraten werden, Tiefgaragen äußerst sorgfältig zu planen. Insbesondere wenn es sich um Sonderbauvorhaben handelt, welche von den einschlägigen Regelwerken nicht vollständig erfasst werden, oder einschlägige Vorschriften nicht durchweg eingehalten werden können, empfehlen sich ausdrückliche, transparente Einschränkungen in Baubeschreibung und Bauträgervertrag.