Pauschale Mehrerlösklauseln sind unwirksam

10. September 2018

Eine Klausel in einem Grundstückskaufvertrag, wonach der zum Bau und zur Selbstnutzung verpflichtete Eigentümer bei einem Weiterverkauf einen pauschalen Mehrbetrag zu zahlen hat, ist unwirksam. (BGH, Urteil vom 20. April 2018, Az. V ZR 169/17)

DER FALL
Eine Gemeinde veräußerte im Juli 2008 zwei zur Bebauung bestimmte Grundstücke an ein Ehepaar zum damals einschlägigen Verkehrswert. Die Erwerber waren laut notariellem Kaufvertrag formularmäßig dazu verpflichtet, die Grundstücke mit einem Wohnhaus zu bebauen und dieses dann für acht Jahre selbst zu bewohnen. Für den Fall, dass sie das Wohnhaus vor Ablauf dieser Frist an Dritte weiterverkaufen wollten, mussten sie zudem einen nach dem Quadratmeterpreis festgelegten Betrag auf den ehemaligen Kaufpreis nachzahlen. Die Eigentümer verkauften die Immobilie im Jahr 2013 tatsächlich weiter, und die Gemeinde verlangte nach der vereinbarten Berechnungsgrundlage eine Nachzahlung von 21.425 Euro. Diese Summe übertraf aber die Wertsteigerung der Grundstücke zum Zeitpunkt des Weiterverkaufs. Das BGH hält diese Pflicht zur Nachzahlung für unwirksam.

DIE FOLGEN
In Zeiten des starken Anstiegs von Immobilienpreisen hat das Urteil sozialpolitisch eine wichtige Bedeutung. Die Absicht der Gemeinde, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen und Immobilienspekulation zu verhindern, ist an sich weiterhin legitim. Allerdings muss die Mehrerlösklausel bei einem Verstoß gegen Bau-, Behaltens- oder Nutzungspflichten den Charakter der Profitabschöpfung wahren. Sie darf den Rechtsinhaber in seiner Dispositionsbefugnis nicht übermäßig benachteiligen. Eine Nachzahlungspflicht ist dann unangemessen, wenn sie pauschalisiert ist und nur einseitige Interessen reflektiert. Sie entspricht in solch einem Fall eher einer Vertragsstrafe und ignoriert tatsächliche Wertentwicklungen. Der Spielraum für solche Klauseln wird kleiner, wenn die Gemeinde solche Grundstücke „unsubventioniert“, also zum Verkehrswert, veräußert.

WAS IST ZU TUN?
Für eine wirksame Mehrerlösklausel sollte auf die Differenz zwischen feststehenden, nachweisbaren Parametern wie Bodenrichtwerten oder Verkehrswerten abgestellt werden. Auch andere Ausgestaltungen sind denkbar, soweit sie die Umstände des Einzelfalls berücksichtigen. Der personale Anwendungsbereich darf nicht so stark eingegrenzt sein, dass er faktisch nicht zum Tragen kommt. Gemeinden ist zudem anzuraten, die Subventionierung deutlich im Kaufvertrag darzulegen, um derartig weitgehende Bindungen zu rechtfertigen. Erwerber von gemeindlichen Baugrundstücken sollten bei Mehrerlösklauseln darauf achten, die konkrete Intention der Gemeinde im Kaufvertrag zu benennen. Sie sollten im Vertrag auch möglichst zahlreiche Ausnahmen vereinbaren, beispielsweise sollte ein scheidungsbedingter Verkauf an Dritte erlaubt sein.

(Quelle: Immobilien Zeitung 6.9.2018, Ausgabe 36/2018)