Sanierungsinvestition schlägt allgemeine Wertsteigerung

07. April 2022

Berechnet eine Behörde sanierungsrechtliche Ausgleichsbeträge, muss sie nur die Bodenwertsteigerung, die nicht mit der Sanierung zusammenhängt, von dem Betrag abziehen. (OVG Berlin-Brandenburg, Urteile vom 27. Januar 2022, OVG 10 B 2.19, 3.19 und 6.19)

Der Fall
Streitpunkt des Verfahrens ist die Erhebung und die Höhe sanierungsrechtlicher Ausgleichsbeträge für Grundstücke in zwei ehemaligen Sanierungsgebieten in Berlin. Für Grundstücke im Geltungsbereich derartiger Sanierungsverfahren hat der Grundstückseigentümer nach Abschluss der Sanierung einen Ausgleichsbetrag zu zahlen. Die Abgabe dient dazu, private Grundstückseigentümer an der Finanzierung der Sanierung zu beteiligen. Ihre Höhe bestimmt sich nach der sanierungsbedingten Bodenwerterhöhung, die als Differenz zwischen dem sogenannten sanierungsunbeeinflussten Bodenwert zu Beginn der Sanierung und dem Bodenwert nach deren Abschluss anzusehen ist.

Die Folgen
Der 10. Senat des OVG Berlin-Brandenburg erachtet die Art und Weise, wie das Bezirksamt die Ausgleichsbeträge ermittelt hat, für plausibel: Ihre Höhe ist nicht zu beanstanden. Insbesondere ist nicht anzunehmen, dass auch ohne die Sanierung mit einer Bodenwertsteigerung aufgrund privater Investitionen zu rechnen gewesen wäre und deswegen der Bodenwert einem Abzug unterliegen müsste. Damit entschied der 10. Senat anders als der 2. Senat in dem Urteil von 2017 zu Ausgleichsbeträgen im Sanierungsgebiet Spandauer Vorstadt (siehe „Nur die Sanierung zählt“,). Damals hatte der Senat berücksichtigt, dass die Verkehrswerte der Grundstücke nicht nur aufgrund der Sanierung angestiegen sind, sondern auch weil sich das Gebiet unabhängig davon wertsteigernd fortentwickelt hat. Dieser nicht sanierungsbedingte Anteil dürfte nicht in die Ausgleichsbeträge einberechnet werden. Es folgten weitere Entscheidungen, in denen das OVG Bescheide wegen eines zu hoch angesetzten Ausgleichsbetrags aufgehoben hat.

Was ist zu tun?
Die neueste Entscheidung des OVG Berlin-Brandenburg zeigt, dass die Ermittlung der Ausgleichsbeträge und v.a. des nicht sanierungsbedingten Anteils der Wertsteigerung eine Frage des Einzelfalls ist, die sich nicht rechtssicher prognostizieren lässt. Die Einschätzung des Senats überrascht v.a. vor dem Hintergrund, dass auch die streitgegenständlichen Gebiete zentrumsnah und damit mit der Spandauer Vorstadt vergleichbar sind. Grundstückseigentümer sollten die ihnen auferlegten sanierungsrechtlichen Ausgleichsbeträge genau prüfen, etwa durch Gutachten von Grundstückssachverständigen. Ratsam ist auch, frühzeitig mit der Behörde über die Ablösung des zu erwartenden Ausgleichsbetrags durch kompensierende Maßnahmen zu sprechen. Es ist abzuwarten, ob das Urteil ein Umdenken bei der Berechnung sanierungsrechtlicher Ausgleichsbeträge bewirkt. Zur Rechtssicherheit hat es leider nicht beigetragen.

(Quelle: Immobilien Zeitung 31.3.2022, Ausgabe 13/2022)