Sind Gewerberäume zu kalt, ist das ein Mangel der Mietsache

28. April 2022

Bei der Vermietung von Praxisräumen muss der Vermieter während der Heizperiode in allen Räumen eine Temperatur von mindestens 20 Grad gewährleisten.
(OLG Brandenburg, Urteil vom 23. November 2021, Az. 3 U 26/21)

Der Fall
Ein Vermieter stritt seit vielen Jahren mit einem Mieter, dem Betreiber einer Arztpraxis, über die Temperaturen in den Praxisräumen während der kalten Jahreszeit. Je nach Außentemperatur schwankte die gemessene Temperatur in den Innenräumen zwischen 7 und 18 Grad. Die mangelhafte Beheizung lag u.a. an einer veralteten Heizung und einem hohen Leerstand in Nachbarflächen wegen einer bevorstehenden Gebäudesanierung. Der Vermieter stellte Ölradiatoren und Infrarotheizkörper zur Verfügung, um den Mangel zu beseitigen. Allerdings verbesserte sich die Situation dadurch nicht dauerhaft. Der Mieter forderte den Vermieter auf sicherzustellen, dass seine Praxis auf mindestens 20 Grad beheizt werden kann.

Die Folgen
Das OLG Brandenburg gab dem Gewerbemieter Recht. Eine mangelhafte Beheizung während der Heizperiode stellt eine erhebliche Störung des Mietgebrauchs dar, sofern der Vermieter für die Beheizung zu sorgen hat, wie es hier der Fall war. Dass eine Heizung in den Wintermonaten und in der Übergangszeit funktioniert, ist von erheblicher Bedeutung. Bei der Frage, welche Mindesttemperatur in Praxisräumen gelten soll, zogen die Richter die Arbeitsstättenverordnung heran. Hiernach sind Arbeitsstätten so einzurichten, dass die Gesundheit der Beschäftigten nicht gefährdet wird. Es muss eine gesundheitlich zuträgliche Raumtemperatur erreicht werden. Danach kann in Büroräumen eine Mindesttemperatur von 20 Grad verlangt werden, so die Richter.

Was ist zu tun?
Die wenigsten Gewerbemietverträge enthalten eine Vereinbarung über eine zugesicherte Raumtemperatur. In Streitfällen haben zuletzt mehrere Gerichte bei ihren Entscheidungen Bezug auf die Arbeitsstättenverordnung genommen. Werden neue Mietverträge geschlossen, sollten Hinweise auf die Mindest- und Höchsttemperaturen aufgenommen werden. Als Basis können die Angaben in den Technischen Regeln für Arbeitsstätten dienen, die die Anforderungen der Arbeitsstättenverordnung konkretisieren. Bei leichten Tätigkeiten im Sitzen wie in Büros und Praxen wird z.B. eine Raumtemperatur von 20 Grad vorgeschrieben, bei schweren körperlichen Arbeiten sind es 12 Grad. Da Hitzetage häufiger werden, sollten auch Vereinbarungen zu Maximaltemperaturen getroffen werden. Dabei können auf den Vermieter Pflichten zukommen, etwa die Installation von Sonnenschutz. Eine unzulässige Raumtemperatur ist ein Mangel der Mietsache, die den Mieter zur Mietminderung berechtigt. Ist der Gewerbebetrieb wegen unzureichender Raumtemperaturen beeinträchtigt, muss der Vermieter zudem mit Schadenersatzansprüchen rechnen.

(Quelle: Immobilien Zeitung 21.4.2022, Ausgabe 16/2022)