Trotz Erhaltungssatzung darf angebaut werden
Ein Anbau an eine Doppelhaushälfte beeinträchtigt nicht die prägende Wirkung auf das Ortsbild im Sinne der Erhaltungssatzung, wenn das Vorhaben die Symmetrie des Doppelhauses beibehält und die Gesamtlänge der Umgebung entspricht. (VG Schleswig, Beschluss vom 1. September 2016, Az. 8 B 36/16)
DER FALL
Die Bauherrin ist Eigentümerin eines Grundstücks, das mit einer Doppelhaushälfte bebaut ist und im Geltungsbereich einer Erhaltungssatzung zur Wahrung einer historischen Marinesiedlung liegt. Das Gebäude soll um einen Anbau erweitert werden. Der Kreis als Baugenehmigungsbehörde lehnte die Erteilung eines Vorbescheids Mitte April 2015 zunächst ab und begründete dies mit einem Verstoß gegen die Erhaltungssatzung. Auf einen Widerspruch hin erteilte der Kreis Anfang Juli einen positiven Vorbescheid für das geplante Vorhaben. Er nahm den Bescheid aber rund zehn Monate später im Mai 2016 zurück und ordnete die sofortige Vollziehung an, ohne die die Bauherrin einen Anspruch auf die Baugenehmigung hätte. Der Kreis meinte, dass durch den geplanten Anbau das symmetrische Gefüge des Doppelhauses zerstört werde und es sich nicht mehr so gut in die Siedlungsstruktur einfüge. Die Bauherrin setzt sich vor Gericht gegen den Rücknahmebescheid, dessen Sofortvollzug und die Ablehnung des Vorbescheids zur Wehr.
DIE FOLGEN
Das VG Schleswig stellte die aufschiebende Wirkung wieder her und zudem fest, dass die Rücknahme des positiven Vorbescheids rechtswidrig war. Das Umschwenken der Behörde fand zwar fristgemäß statt. Denn auch wenn die Ausführungen bei der Ablehnung (April 2015) und im Rücknahmebescheid (Mai 2016) übereinstimmten, also keine neuen Tatsachen hinzukamen, kann die Behörde innerhalb eines Jahres den Bescheid zurücknehmen. Und zwar dann, wenn sie nachträglich erkennt, dass sie den Sachverhalt unzureichend berücksichtigt oder unrichtig gewürdigt hat. Der Anbau ist aber mit der Erhaltungssatzung vereinbar, befand das VG. Er führt nicht zu einer maßgeblichen Veränderung des Erscheinungsbilds und des Ortsbilds in Gestalt wesentlicher stilprägender Elemente, wie zum Beispiel der Lage, der Länge und Breite der Gebäude. Die Symmetrie eines Doppelhauses bleibt erhalten, wenn es nach dem Umbau aus zwei unterschiedlich langen Gebäuden besteht und dies von außen nicht sichtbar ist. Handelt es sich nicht um eine Siedlung mit Standardhäusern, die alle über eine einheitliche Länge verfügen, ist die Verlängerung einer Haushälfte in dem Rahmen, den die ortsbildprägende Umgebung vorgibt, zulässig.
WAS IST ZU TUN?
Bei der Stellung des Bauantrags für ein Bauvorhaben, das in einem Erhaltungsgebiet liegt, hat der Bauherr darauf zu achten, dass es bei der ortsbildprägenden Wirkung entscheidend auf die Sichtbarkeit der stilprägenden Elemente ankommt. Zudem müssen die Maße des Gebäudes innerhalb des durch die ortsbildprägende Umgebung gebildeten Rahmens liegen. Ist das der Fall, sollte trotz ablehnender Bescheide seitens der Behörde das Bauvorhaben nicht unmittelbar aufgegeben werden.
(Quelle: Immobilien Zeitung 2.2.2017, Ausgabe 5/2017)