Trotz Schriftformheilungsklausel darf der Käufer kündigen
Mietrecht. Eine so genannte Schriftformheilungsklausel hindert den Grundstückserwerber nicht, einen Mietvertrag, in den er eingetreten ist, wegen Schriftformmangel zu kündigen, ohne zuvor von dem Mieter eine Heilung des Mangels verlangt zu haben.
BGH, Urteil vom 22. Januar 2014, Az. XII ZR 68/10, (Quelle: Immobilien Zeitung, Nr. 12, 27.03.2014, Seite 12)
DER FALL
Die Beklagte schloss mit dem vermietenden Insolvenzverwalter einen schriftlichen Mietvertrag über eine Ladenfläche mit einer Laufzeit von zehn Jahren. In der Folgezeit führten der Insolvenzverwalter und die Mieterin Verhandlungen über Vertragsergänzungen, deren Ergebnis vom Insolvenzverwalter durch ein Schreiben bestätigt wurde. Da diese ergänzenden Vereinbarungen, die u.a. Sonderkündigungsrechte und Optionsregelungen betrafen, nicht schriftformgerecht in einer Urkunde niedergeschrieben worden sind, kündigte die klagende Erwerberin der Fläche das Mietverhältnis vorzeitig unter Berufung auf den Schriftformmangel. Die Mieterin wehrte sich gegen die Kündigung mit der Begründung, wegen der im Vertrag vereinbarten Schriftformheilungsklausel könne sich die Erwerberin nach Treu und Glauben nicht auf den Schriftformmangel berufen.
DIE FOLGEN
Die Frage, ob eine Schriftformheilungsklausel gegen eine Kündigung wegen eines tatsächlich bestehenden Schriftformmangels schützt, war in den letzten Jahren von verschiedenen OLGs unterschiedlich – meist im Sinne einer Heilungsmöglichkeit – entschieden worden. Der BGH hat nun klargestellt, dass eine Schriftformheilungsklausel jedenfalls den Erwerber einer Immobilie nicht daran hindert, das Mietverhältnis bei einem Schriftformmangel vorzeitig zu den gesetzlichen Kündigungsfristen zu kündigen. Denn die Vorschrift des § 550 BGB wolle in erster Linie einen späterer Grundstückerwerber davor schützen, sich auf einen Mietvertrag einzulassen, dessen wirtschaftliche Bedingungen sich, etwa infolge einer mündlichen Zusatzvereinbarung, anders als nach den Vertragsurkunden erwartet, darstellen.
WAS IST ZU TUN?
Die Entscheidung des BGH hat die offenen Fragen der Wirksamkeit der Schriftformheilungsklauseln nur teilweise geregelt. Noch ungeklärt ist, inwieweit sich die ursprünglichen Vertragsparteien – und im Veräußerungsfall auch der Mieter – auf eine Schriftformheilungsklausel berufen können. Solange der BGH diese weiteren Fragen noch nicht entschieden hat, ist den Parteien dringend zu raten, die üblichen Schriftformheilungsklauseln zwar weiterhin zu verwenden, ab sofort aber mit der ausdrücklichen Einschränkung, dass sie nicht gegenüber dem Erwerber gilt. Ohne diese Einschränkung besteht jedenfalls bei einem Formularmietvertrag die Gefahr, dass die Klausel einer Inhaltskontrolle gemäß § 307 BGB (wesentliche Abweichung von der gesetzlichen Regelung) nicht standhält, auch wenn sie der BGH ansonsten gegenüber den ursprünglichen Vertragsparteien akzeptieren würde.