Um Denkmalpfleger zu widerlegen, braucht es gute Argumente
Um die Einschätzung einer Denkmalbehörde zur Denkmalwürdigkeit eines Gebäudes zu erschüttern, müssen die Punkte, die die Behörde übersehen oder nicht genug berücksichtigt hat, konkret benannt werden.
(OVG Lüneburg, Beschluss vom 29. Juli 2020, Az. 1 ME 33/20)
Der Fall
Der Eigentümer eines Grundstücks, auf dem sich ein in den Jahren 1913/1914 erbautes Kino befindet, begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen eine denkmalschutzrechtliche Anordnung. Er soll Missstände im Toilettenraum des Kinogebäudes beseitigen. Das Niedersächsische Landesamt für Denkmalpflege als Beigeladene bestätigt die Denkmaleigenschaft des Kinogebäudes. Das VG Oldenburg hat den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung mit Verweis auf die Ausführungen der Denkmalschützer zurückgewiesen. Auch die hiergegen eingelegte Beschwerde vor dem OVG Lüneburg bleibt erfolglos.
Die Folgen
Die Gerichte gehen übereinstimmend davon aus, dass die Eigenschaft des Kinogebäudes als Baudenkmal fortbesteht. Sie folgen dabei den Ausführungen der Denkmalpfleger, wonach dem Kino ein Denkmalwert jedenfalls im Hinblick auf seine geschichtliche Bedeutung zukommt. Laut OVG ist es dem Antragsteller unbenommen, substantiiert abzustreiten, dass die Beigeladene die Argumente, die für und gegen eine Denkmalwürdigkeit sprechen, sorgsam genug zusammengetragen hat. Dazu muss er die Punkte, die das Landesamt übersehen oder nicht hinreichend berücksichtigt haben soll, konkret benennen und hinreichende Anhaltspunkte für einen abweichenden Sachverhalt vortragen. Das ist dem Antragssteller hier jedoch nicht gelungen, so das OVG. Das Argument, die seit 1932 am Gebäude vorgenommenen baulichen Veränderungen hätten es so stark umgestaltet, dass aus der verbleibenden Bausubstanz ein Denkmalwert nicht ableitbar wäre, zogen die Bewertungen der Beigeladenen aus Sicht des OVG nicht hinreichend in Zweifel.
Was ist zu tun?
Die Denkmaleigenschaft zu entkräften, was nicht selten im Interesse eines Eigentümers, Käufers oder Investors liegen mag, ist nicht einfach. Der Beschluss des OVG bestätigt: Es müssen substantiierte, häufig auch gutachterlich untermauerte Argumente vorgebracht werden, um Erfolg zu haben. Der Denkmalwert von baulichen Anlagen ist nicht nur bei denkmalschutzrechtlichen Verfügungen relevant, sondern vor allem auch bei baurechtlichen Genehmigungsverfahren. Wollen Eigentümer gegen die Versagung einer Baugenehmigung wegen des Denkmalwerts einer baulichen Anlage vorgehen, müssen sie bei der Entkräftung des Denkmalwerts konkret auf die Begründung der Denkmalschutzbehörden eingehen. Das pauschale Aufzählen von baulichen oder betrieblicher Veränderungen in der Vergangenheit oder der Verweis auf den schlechten Erhaltungszustand genügen nicht, soweit es dafür keine Anknüpfungspunkte bei den Gründen des sachverständigen Betrachters gibt.
(Quelle: Immobilien Zeitung 27.5.2022, Ausgabe 21/2022)